Der in Großbritannien inhaftierte Ex-Tennisstar Boris Becker könnte einem Bericht der britischen Zeitung "Sun" zufolge schon bald nach Deutschland abgeschoben werden. Der 54-Jährige sei für ein Schnellverfahren zugelassen worden, das ausländischen Häftlingen eine deutlich frühere Entlassung ermöglicht, schrieb das Boulevardblatt am Sonntag.
"Rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause"
"Er wurde für ein Programm angemeldet, das dafür sorgt, dass er rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause kommt", zitierte die "Sun" eine Gefängnisquelle. Beckers deutscher Anwalt Christian-Oliver Moser wollte den Zeitungsbericht auf Anfrage nicht kommentieren.
Becker war Ende April zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte. Er sitzt seit mehreren Monaten im Huntercombe-Gefängnis westlich von London ein, das unter eine niedrigere Sicherheitsstufe fällt. Nach britischem Recht können Häftlinge auf Bewährung entlassen werden, wenn sie mindestens die Hälfte ihrer Gefängnisstrafe verbüßt haben. Bei Becker wären das 15 Monate, Stichtag ist der 29. Juli 2023.
Das Entlassungs- und Abschiebungsprogramm soll laut "Sun" helfen, den Druck auf die überfüllten britischen Gefängnisse zu lindern. Demnach kommt jeder ausländische Häftling dafür infrage, "der bis zu zwölf Monate vor dem frühesten Entlassungszeitpunkt aus dem Gefängnis entlassen und abgeschoben werden kann". Ein Sprecher des britischen Innenministeriums sagte der Zeitung: "Jeder ausländische Staatsbürger, der wegen einer Straftat zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, kommt für eine Abschiebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Betracht."
In Deutschland wird am kommenden Dienstag auch eine Zivilklage von Becker gegen den TV-Komiker Oliver Pocher verhandelt werden. Weder Pocher (44) noch Becker müssen beim Landgericht im badischen Offenburg erscheinen. Offen ist bisher, wann ein Urteil fallen wird, wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage mitteilte.
Beckers Anwälte nehmen Pocher ins Visier
Becker will erreichen, dass Pocher einen Fernsehbeitrag aus der RTL-Sendung "Pocher – gefährlich ehrlich" nicht mehr zeigen darf. Darin hatte Pocher den Tennissportler hinters Licht geführt. Unter dem Slogan "Make Boris rich again" wurde ein Spendenaufruf gestartet. In dem Beitrag ist nach Gerichtsangaben zu sehen, dass Becker das Geld auch bekam – aber ohne davon zu wissen: Das Geld war in einen vermeintlichen Modepreis eingearbeitet, der Becker in der Sendung verliehen wurde.
Verhandlungstermine im Mai und Juli waren geplatzt, weil Verfahrensbeteiligte erkrankt waren. Beckers Offenburger Anwalt Samy Hammad sagte, der einstige Wimbledon-Sieger sei in dem Beitrag "herabgewürdigt und beleidigt" worden.