Eine bei einem Unfall mit einem Betonmischer in Berlin lebensgefährlich verletzte Radfahrerin ist gestorben. Die Polizei ermittelt gegen zwei 63 und 59 Jahre alte Klimaaktivisten wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen. Nach dem Tod der Radfahrerin, die am bereits am Donnerstag für hirntot erklärt worden war, werde geprüft, ab auch der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung in Betracht komme, sagte eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft am Freitag. Es werde eine Obduktion der Leiche der 44-Jährigen angeordnet, um zu klären, was konkret zu deren Tod geführt habe. Ein wesentlicher Punkt sei dabei die Frage der Kausalität und wem was zuzurechnen sei, erklärte die Sprecherin.

Rettung mehrere Minuten verzögert

Die Berliner Feuerwehr geht davon aus, dass sich die Rettung der Frau um mehrere Minuten verzögert hat, weil das Spezialfahrzeug im Stau stand. Allerdings räumte ein Sprecher ein, auch die Bildung einer Rettungsgasse sei problematisch gewesen. Da die Technik nicht zur Verfügung stand, mussten die Retter am Unfallort laut Feuerwehr improvisieren. Dadurch sei es zu Zeitverzögerungen gekommen. Angaben dazu, ob dies Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Radfahrerin hatte, machte die Feuerwehr nicht.

Die Gruppe "Letzte Generation" sprach den Angehörigen der Radfahrerin ihr Beileid aus. "Wir sind geschockt", sagte Sprecherin Carla Hinrichs am Freitag. Zugleich kündigte die Gruppe an, weiterzumachen: "Die Bundesregierung soll unseren Protest beenden - jetzt, indem sie die Krise in den Griff bekommt. Bis dahin geht der Widerstand weiter", hieß es in einer Mitteilung.

Nach dem Unfall hat sich der Ton verschärft in der Reaktion auf die Aktionen der Klima-Protestgruppe. Zahlreiche Politiker forderten ein härteres Vorgehen, in sozialen Netzwerken werden die Klima-Aktivisten verstärkt angefeindet. Dazu hieß es von der "Letzten Generation": "Was immer uns als Menschen an öffentlicher Hetze entgegenschlagen mag, wird uns nicht davon abbringen, das einzig moralisch Richtige zu tun: In einer alles entscheidenden Krise nicht zu verharren, sondern loszugehen."

Auch in Österreich berichtete ein Sprecher der "Letzten Generation" gegenüber der APA von zahlreichen Anfeindungen gegen die Aktivistinnen und Aktivisten - bis hin zu Morddrohungen und rechtsradikalen Beschimpfungen. In Wien wird die Gruppe bis 9. Jänner keine Straßenblockaden mehr durchführen, um der Bundesregierung Zeit zu geben, mit mehr Maßnahmen für den Klimaschutz "Menschen zu retten".

Österreichweit geht der Protest aber weiter. Derzeit entstünden etwa in Linz, Graz und Innsbruck Ableger der "Letzten Generation". Ob die Diskussion in Deutschland dazu führen könnte, dass die Aktionen in Österreich auf zunehmende Ablehnung seitens der Zivilgesellschaft stoßen, ließ der Sprecher offen. Der Klimaprotest sei "kein Beliebtheitswettbewerb", es gäbe bei den Protesten aber auch immer wieder großen Zuspruch.

FPÖ-Obmann "schockiert"

"Schockiert" zeigte sich der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp über den Tod der in Berlin verunfallten Radfahrerin. "Wenn es nicht bald zu einer rechtlichen Verschärfung kommt, mittels der die mutwillige Blockade von Straßen empfindlich bestraft wird, müssen wir auch in Wien damit rechnen, dass Rettungskräfte bei ihren Einsätzen durch diese Klima-Terroristen behindert werden. Wie in Berlin könnte dies fatale Folgen haben", so Nepp.

UN mahnt Verantwortungsbewusstsein ein

Auch die UN äußerste sich zu dem Vorfall in Berlin: Ein Sprecher mahnte Verantwortungsbewusstsein bei Klimaprotesten ein, zeigte aber auch Verständnis für die Demos. "Menschen müssen engagiert sein, aber natürlich müssen sie in jeder Situation verantwortungsbewusst sein, um anderen keinen körperlichen Schaden zuzufügen", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric am Freitag in New York. "Aber ich bezweifle, dass es die Absicht jeglicher Proteste gewesen ist, die medizinische Versorgung zu verzögern."

UN-Generalsekretär António Guterres teile die Wut und Frustration von Demonstrantinnen und Demonstranten über den Mangel an Fortschritten im Kampf gegen die Erderhitzung - Proteste seien wichtig. "Wir haben die Jugendbewegungen vor ein paar Jahren gesehen. Und ich denke, ohne diese Bewegungen hätten wir nicht die Fortschritte erzielt, die wir erzielt haben", so Dujarric weiter.