Die britische Band M People hat sich nach Angaben ihres Gründers Mike Pickering über die Verwendung ihres Songs beim Tory-Parteitag in dieser Woche geärgert. "Die Band ist stinksauer", sagte Pickering der britischen Nachrichtenagentur PA, nachdem das Lied "Moving On Up" eingespielt wurde, als Premierministerin und Parteichefin Liz Truss am Mittwoch die Bühne beim Parteitag ihrer Konservativen in Birmingham betrat.
"Ich kann mir vorstellen, dass sie nicht viel Zeit hat, ihn zu benutzen", sagte Pickering und äußerte die Hoffnung, Truss werde sich den Text des Liedes aus dem Jahr 1993 zu Herzen nehmen, in dem es heißt: "Go and pack your bags and get out" ("Pack deine Sachen und verschwinde"). Auf Twitter schrieb er: "Ich will nicht, dass mein Song ein Soundtrack der Lügen ist."
Immer wieder verwehren sich Bands und Musiker über Genre und Altersgrenzen hinweg einer Vereinnahmung seitens der Politik. Die Liste ist lang. Zu lang. Deshalb: eine Auswahl musik-politischer Auseinandersetzungen.
Rihanna vs. Donald Trump
Ausgerechnet Rihannas Song "Don't stop the music" (also: Stopp die Musik nicht) wählte der ehemalige US-Präsident Donald Trump als musikalische Untermalung bei einer seiner Wahlkampfveranstaltungen im Jahr 2016. Die Popsängerin bekam über einen Journalisten der "Washington Post" Wind von der Aktion und strich kurzerhand das "Don't" aus ihrem Song. Soll heißen: Sie forderte Trump auf, von einer Verwendung abzusehen: "Weder ich noch meine Leute würden jemals auf einer dieser tragischen Kundgebungen oder in deren Nähe sein". Ob Trump, wie Rihanna im Refrain des Songs mit einem "Please don't stop the music" an die Sängerin wendete, ist nicht überliefert.
Bruce Springsteen vs. Ronald Reagan
Dass Heimatliebe auch wehtun kann, wollte Bruce Springsteen mit seiner Jahrhundertnummer "Born in the USA" musikalisch klarstellen. Wenig verwunderlich, dass sich amerikanische Politiker, allen voran der republikanische Ex-Präsident Ronald Reagan bei einem vordergründig patriotischen Titel wie diesem auf das Lied stürzten. Dabei handelt der Song gerade nicht von verklärend-blinder Amerika-Euphorie. Der Arbeitstitel des Hits hieß übrigens "Vietnam Blues". Darum geht es auch. Ein desillusionierter Soldat kehrt mit seelischen Wunden aus dem Krieg zurück in die USA. Eine tragische Geschichte. Kein Titel für geifernde Wahlkampfmengen.
Falco vs. FPÖ
Ein Held von gestern, nämlich Falco (in Vertretung von seinem Nachlassverwalter), klagte 2019 die FPÖ. Die Partei hatte seinen Song "Helden von Heute" verwendet. Natürlich auch, weil das Lied die Textzeile "Wir haben das richtige Weltbild" enthält. Der "prätorische" Vergleich wurde am Bezirksgericht für Handelssachen Wien geschlossen. Die FPÖ darf seitdem keine Lieder des verstorbenen österreichischen Popstars Falco alias Johann Hölzel mehr spielen. Zumindest nicht ohne explizite Genehmigung der Nachlassverwalter des 1998 verstorbenen Musikers.
John Mellencamp vs. Ronald Reagan, George W. Bush, John McCain
Wie Springsteen verbot auch der Sänger John Mellencamp einer Reihe republikanischer Politiker die Verwendung seiner Songs. Konkret handelte es sich um die Lieder "Rock in the USA" und "Our Country". Auch verbot Mellencamp bereits 1984 die Verwendung des Songs "Pink Houses". Verständlich: Rein textlich stellt der Titel für das Weiße Haus in Washington eine Themenverfehlung dar.
Helene Fischer vs. NPD
Der Atem stockte womöglich Helene Fischer, als sie 2015 davon erfuhr, dass die rechtspopulistische deutsche NPD ihren Song "Atemlos durch die Nacht" auf Veranstaltungen abgespielt hatte. Fischer schaltete ihren Anwalt ein und argumentierte, das Spielen ihrer Lieder würde ihrem Image schaden. Mit Erfolg. Die Richter folgten der Argumentation.
Bobby McFerrin vs. George H.W. Bush
Bobby McFerrins größter Hit? – Ziemlich sicher "Don't worry be happy" (also: "Mach dir keine Sorgen, sei glücklich"). So gar nicht glücklich war der US-amerikanische Sänger, als George H. W. Bush 1988 seinen Song für politische Inszenierungen verwendete hatte. Twitter gab es damals freilich noch nicht. Die kleine Fehde wurde also in Persona ausgetragen. Fast zumindest. Bush Senior versuchte, mit einer Essenseinladung um McFerrins Gunst zu buhlen. Dieser lehnte ab.
Linkin Park vs. Donald Trump
"I tried so hard and got so far. But in the end it doesn't even matter" (also: "Ich habe es so sehr versucht und bin so weit gekommen.
Aber am Ende spielt es keine Rolle mehr") singt die Nu-Metal-Band Linkin Park auf ihrem Debütalbum. Aus heutiger Sicht wirkt der Song "In the End" damit unfreiwillig komisch. Warum Donald Trump sich für diese Textzeilen entschied, als er einen Werbespot für seine Wiederwahl lancierte, bleibt unklar. Gänzlich klar hingegen formulierte die Band ihre Klage. Der Vorwurf: Copyright-Verletzung.
Die Toten Hosen vs. Angela Merkel
Nicht nur vom Tonband abgespielt, sondern mit persönlicher Gesangseinlage am Mikrofon feierte die CDU im Jahr 2013, darunter Ursula von der Leyen und Angela Merkel, einen Wahlsieg. Zum Besten gegeben wurde die Pathos-Hymne "Tage wie diese" von den Toten Hosen. Auf Facebook distanzierte sich die Gruppe von der Verwendung ihres Songs und machte deutlich, dass sie den Einsatz ihrer Musik im Politik-Kontext nicht unterstütze.
Rainhard Fendrich vs. FPÖ
Auch die Austropop-Legende Rainhard Fendrich sah ihre Kulthymne "I am from Austria" zweckentfremdet. Bereits 2005 ging das Management des Künstlers gegen die FPÖ vor, die Fendrichs Song bei Wahlkampfveranstaltungen spielte. 2014 kam es zur Wiederauflage des Streits. Die FPÖ Oberösterreich hatte auf im Internet geposteten Plakaten auf Fendrichs Textzeile "Do bin i her, da g'hör i hin" angespielt. Bei der Rechts-Partei hieß es leicht abgewandelt: "Do kum i her, da g'hear i hin". Ob aus juristischem Kalkül oder wegen schlechten Gehörs? Wer weiß.
Foo Fighters vs. John McCain
Den Song "My Hero" von den Foo Fighters musste John McCain 2008 hingegen von seiner offiziellen und öffentlichen Playlist nehmen. Die Rockband reagierte in einem Statement enttäuscht: "Das Traurigste an dieser Sache ist, dass 'My Hero' eine Hymne auf den einfachen Mann und sein außergewöhnliches Potenzial ist." Die Tatsache, dass der Song ohne Wissen übernommen und in einer Weise verwendet wurde, die die ursprüngliche Stimmung des Textes pervertiere, stumpfe den Song ab, so die Band.