Während der Angriff auf den Schriftsteller Salman Rushdie weltweit Entsetzen ausgelöst hat, wird er in iranischen Medien gefeiert. Die US-Regierung und UNO-Generalsekretär António Guterres zeigten sich bestürzt. Die USA und die Welt seien Zeugen eines "verwerflichen Angriffs" geworden, erklärte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am späten Freitagabend (Ortszeit). "Diese Gewalttat ist entsetzlich."
Die gesamte US-Regierung bete für eine schnelle Genesung des 75-Jährigen. Sullivan dankte außerdem den Bürgern und Einsatzkräften, die Rushdie "nach dem Angriff so schnell geholfen" hätten. "In keinem Fall ist Gewalt eine Antwort auf Worte, die von anderen in Ausübung ihrer Meinungs- und Ausdrucksfreiheit gesprochen oder geschrieben wurden", teilte Guterres' Sprecher Stephane Dujarric am Freitagabend (Ortszeit) mit. Der UNO-Generalsekretär wünsche Rushdie baldige Genesung.
"Ein Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit"
Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein "Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb, Rushdie sei von "Hass und Barbarei" getroffen worden. Der scheidende britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich "entsetzt". Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling und Bestseller-Autor Stephen King drückten ebenfalls ihre Bestürzung aus und schrieben, sie hofften, es gehe Rushdie gut. Der US-amerikanische Autorenverband PEN America zeigte sich schockiert über den Angriff auf seinen ehemaligen Präsidenten. Rushdie werde seit Jahrzehnten wegen seiner Worte angegriffen, aber er habe sich nie beirren lassen und nie gezögert, schrieb die Vorsitzende Suzanne Nossel in einem Statement.
Der deutsche Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei "natürlich ein Schlag für mich" gewesen. Die Grazer Autorenversammlung (GAV) verurteilte das Attentat auf Rushdie auf das Schärfste. Es sei ein Angriff auf "unser aller Freiheit und Menschenrecht, eine Attacke auf die Literatur", hieß es am Samstag in einer Stellungnahme. "Die GAV ruft deshalb dazu auf, sich nicht der Logik des religiösen Fundamentalismus zu unterwerfen und sich nicht der Gewalt zu beugen." Rushdies Werke könnten nicht unterdrückt oder ausgelöscht werden und werden "trotz und wegen des Terrors umso wichtiger sein".
"Tausend Bravos" aus Teheran
In iranischen Medien ist der Messerangriff auf den mit dem Roman "Die satanischen Verse" weltbekannt gewordenen Schriftsteller Rushdie hingegen begrüßt worden. In der regierungsnahen Zeitung "Kayhan", deren Chefredakteur vom weltlichen und geistlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, ernannt wird, hieß es am Samstag: "Tausend Bravos (...) für die mutige und pflichtbewusste Person, die den abtrünnigen und bösen Salman Rushdie in New York angegriffen hat". Weiter hieß es: "Die Hand des Mannes, der dem Feind Gottes den Hals umgedreht hat, muss geküsst werden."
Die Schlagzeile der Hardliner-Zeitung "Vatan Emrooz" lautete: "Messer im Nacken von Salman Rushdie". Die Zeitung "Khorasan" brachte die Schlagzeile: "Satan auf dem Weg zur Hölle". Die Nachrichtenseite Asr Iran veröffentlichte ein Zitat von Khamenei, in dem es heißt, der vom ehemaligen iranischen Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini abgeschossene "Pfeil" werde eines Tages das Ziel treffen. Von der Führung in Teheran lag noch keine Stellungnahme vor.
Ein 24-Jähriger hatte Rushdie am Freitag bei einer Literaturveranstaltung im US-Staat New York attackiert und schwer verletzt. Der Autor der "Satanischen Verse", zu dessen Tötung 1989 das geistliche Oberhaupt des Iran, Khomeini, wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed aufgerufen hatte, wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik geflogen und notoperiert. Er wurde nach Angaben seines Agenten an ein Beatmungsgerät angeschlossen und könnte ein Auge verlieren. Der Angreifer wurde von Zuschauern überwältigt und von einem anwesenden Polizisten festgenommen. Das Motiv des 24-Jährigen aus Fairfield im nahe New York gelegenen US-Staat New Jersey war zunächst unklar.