Es ist die meistfotografierte Bucht Griechenlands: der Navagio-Strand auf der Insel Zakynthos im Ionischen Meer. Seinen Namen (deutsch: Schiffswrack-Strand) verdankt der von senkrecht aufragenden Felswänden eingerahmte Strand den Resten des Frachters "Panagiotis", der hier am 2. Oktober 1983 strandete. Das rostzerfressene Wrack ist heute die größte Touristenattraktion der Insel. Ausflugsboote bringen die Urlauber vom Hafen der Inselhauptstadt zu der Bucht. Im Hochsommer drängen sich hier die Urlauber. Und viele lassen Abfall zurück. Um dessen Entsorgung streiten sich jetzt die Behörden.
Das Foto, das Michalis Bakas vergangene Woche am Navagio-Strand schoss und auf Instagram postete, ging binnen weniger Stunden in den sozialen Medien um die Welt. Es zeigt einen Müllhaufen. Bakas ist Umweltwissenschaftler an der Ägäis-Universität und Mitglied der Grünen Partei Griechenlands. Bakas kommentierte sein Foto: "Ich kann nicht verstehen, wie man für teures Geld zu einem der schönsten Strände der Welt fährt und dort seinen Müll zurücklässt."
Eine Antwort könnte lauten: Weil sich die Touristen daran gewöhnt haben, dass andere ihren Abfall einsammeln und entsorgen. Das ist an vielen Stränden auch so. Auf Zakynthos aber gibt es ein Kompetenzgerangel um die Müllabfuhr am Navagio-Strand. Das hängt mit dessen Besonderheit und einer Beinahe-Katastrophe vom Sommer 2018 zusammen.
Felssturz als Auslöser von Streit
Am 13. September jenes Jahres lösten sich plötzlich große Gesteinsmassen aus der Steilküste, stürzten auf den Strand und ins Wasser der Bucht. Die Flutwelle ließ drei Ausflugsboote kentern. Zum Zeitpunkt des Felssturzes hielten sich Hunderte Urlauber auf dem Strand auf. Wie durch ein Wunder wurde niemand verschüttet. Sieben Menschen erlitten leichte Verletzungen. Der Strand wurde nach dem Unglück zunächst gesperrt, während Geologen die Stabilität der Felswände untersuchten.
Ende 2021 übernahm das Tourismusministerium in Athen die Zuständigkeit für den Strand, um für die Sicherheit der Touristen und die Erhaltung des Wracks zu sorgen. Große Teile des Strandes sind wegen der Gefahr weiterer Felsstürze abgesperrt. Mit der Übernahme der Bucht müsse das Tourismusministerium nun auch die Entsorgung des Abfalls organisieren, sagte der Insel-Bürgermeister Nikitas Aretakis der Zeitung "Proto Thema". Das Tourismusministerium widerspricht: Für die Müllbeseitigung sei weiterhin die Kommune zuständig.
Das ist nicht ganz einfach, weil der Strand nur übers Meer zu erreichen ist. Während Ministerium und Rathaus über ihre Pflichten streiten, haben die Bootsunternehmer, die den Strand ansteuern, eine praktikable Lösung gefunden: Sie sammeln jetzt den Müll alle paar Tage ein.
Der Umweltwissenschaftler und Grünen-Politiker Michalis Bakas, dessen Foto vom Müllhaufen am Navagio-Strand eine lebhafte Debatte in den sozialen Medien auslöste, sieht ein generelles Problem: "Mein Foto hat wegen des Schiffswracks zwar eine besondere Symbolwirkung, aber ähnliche Bilder sehen wir an vielen griechischen Stränden", sagt Bakas. "Jeder Einzelne von uns ist als Verbraucher für seinen Abfall verantwortlich", meint Bakas und schlägt eine simple Lösung vor: "Jeder sollte seinen Müll mitnehmen."
Gerd Höhler (Athen)