Das Nachbearbeiten und Retuschieren von Foto-Aufnahmen gehört in der Hochglanzwelt der Werbung zur Routine. Dass alle Körper auf ihre Weise schön sind, wollte nun eine Kampagne der spanischen Regierung unterstreichen. Diese hatte in der vergangenen Woche eine Aktion gegen die Diskriminierung von Frauen gestartet, die Strand und Meer im Sommer ohne den "perfekten Körper" genießen wollen.
Beinprothese wegretuschiert
Das Problem: Laut der Aussage zweier Models, die an der Kampagne teilgenommen hatten, wurden Fotos ohne Einwilligung verwendet und retuschiert. Besonders heikel: Im Fall des britischen Models Sian Green-Lord wurden Aufnahmen wohl sogar gezielt verfälscht. Denn Green-Lord, die 2013 ihr Bein verlor, als sie von einem Taxi angefahren wurde, trägt eine Prothese.
Auf der Kampagne hingegen sind zwei gesunde Beine zu sehen. Auf ihrem Instagram-Profil teilte das Model das gefakte Original und betonte, dass es absolut falsch sei, "Ihren Körper zu editieren". Später fügte sie hinzu, dass sie die spanische Regierung zur Verantwortung ziehen wolle.
Weitere Vorwürfe
Bereits zuvor hatte das britische Model Nyome Nicholas-Williams die Kampagne kritisiert. Diese behauptete, nichts von der Verwendung der Fotos gewusst zu haben. "Anfangs war es schön, das Bild zu sehen, aber dann sah ich, dass es für eine Kampagne war, und war dann verärgert, weil ich nicht einmal gebeten worden war, daran teilzunehmen", sagte sie gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian.
Im Netz auch Kritik gegen Kampagne
Nach dem Startschuss der Kampagne gab es im Netz zwar viel Zuspruch, aber auch nicht wenig Kritik. Einige meinten, alle Frauen dürften doch in Spanien an den Strand. "Es gibt da einige Herren, die nun sagen, wir dicke Frauen durften bereits ohne die Erlaubnis des Ministeriums für Gleichberechtigung zum Strand. Natürlich dürfen wir das, aber wir müssen Hass in Kauf nehmen, weil wir Körper zeigen, die nicht den Normen entsprechen", schrieb die Sekretärin für Gleichberechtigung, Ángela Rodríguez Pam.
Progressive Gesetze in Spanien
Die linke Regierung Spaniens erregt mit ihren progressiven Aktionen zugunsten von Frauen, die in Europa manchmal auch Pioniercharakter haben, immer wieder auch im Ausland Aufsehen. Madrid will zum Beispiel Frauen künftig bei heftigen Regelbeschwerden per Gesetz von der Arbeit befreien. Es gab außerdem unter anderem eine Verschärfung des Sexualstrafrechts und eine Kampagne gegen sexistische Werbung für Kinderspielzeug. Ministerinnen der Regierung verweigern bei politischen oder wirtschaftlichen Veranstaltungen auch schon mal Gruppenfotos, auf denen sie die einzige Frau sind.