Das slowenische Verfassungsgericht öffnet die Ehe für homosexuelle Paare und gibt ihnen ein gemeinsames Adoptionsrecht. Das Höchstgericht hat am Freitag bisherige Vorschriften für verfassungswidrig erklärt, wonach nur heterosexuelle Paare eine Ehe schließen können und homosexuelle Lebenspartner gemeinsam keine Kinder adoptieren dürfen. Mit sofortiger Wirkung wurden gleichgeschlechtlichen Paaren beide Rechte eingeräumt.

Das Verfassungsgericht erklärte, dass es dem Parlament sechs Monate Zeit für Gesetzesänderungen gegeben habe. Bis zur Beendigung des verfassungswidrigen Zustandes gelte, dass die Ehe eine Verbindung von zwei Personen unabhängig von ihrem Geschlecht sei. Außerdem dürften gleichgeschlechtliche Partner, die in Lebenspartnerschaft leben, unter den gleichen Bedingungen wie verheiratete Ehepartner gemeinsam Kinder adoptieren.

Laut dem Verfassungsgericht verstieß die bisherige Regelung gegen das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die nun bekannt gewordene Entscheidung war bereits Mitte Juni getroffen worden, als das Höchstgericht über Verfassungsbeschwerden zweier homosexueller Paare behandelte, denen die Ehe bzw. Aufnahme auf eine Liste von Adoptionswerbern verweigert worden war.

Eine Diskriminierung von Homosexuellen könne weder mit der traditionellen Bedeutung der Ehe als Lebensgemeinschaft noch dem besonderen Schutz der Familien gerechtfertigt werden, argumentiert das Höchstgericht. Die Entscheidung schmälere die Bedeutung der traditionellen Ehe nicht. "Sie bedeutet lediglich, dass von nun an neben andersgeschlechtlichen Paaren auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können."

Ein Kind unter gleichen Bedingungen adoptieren

In Bezug auf das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare betonte das Verfassungsgericht, dass das Gebot der Gleichbehandlung auch die Angleichung ihrer Rechtsstellung im Bereich der gemeinsamen Adoption erfordert. Bisher war in Slowenien bei homosexuellen Paaren lediglich die Stiefkindadoption möglich gewesen. Nun sollen die Lebenspartner auch gemeinsam unter gleichen Bedingungen wie Eheleute ein Kind adoptieren können. Der grundsätzliche Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Partner verringere die Zahl der möglichen Adoptiveltern, was im Gegensatz zum Ziel des Kindeswohls stehe, so das Gericht.

In Slowenien sind homosexuelle Lebenspartnerschaften seit dem Jahr 2016 der Ehe fast gleichgestellt. Sie haben etwa eine Unterhaltspflicht, Anspruch auf gemeinsames Vermögen und Krankenversicherung sowie Witwen- oder Witwerpension. Einzig das Adoptionsrecht sowie das Recht auf künstliche Befruchtung wurde ihnen versagt. Es handelte sich um einen politischen Kompromiss, nachdem konservative Parteien und Bewegungen zwei Versuche zur Einführung der "Ehe für alle" mit Volksabstimmungen (2012 und 2015) torpediert hatten.

SPÖ-Nationalratsabgeordneter Mario Lindner begrüßte das slowenische Höchstgerichtsurteil. "Wie in Österreich brauchte es für diese Meilensteine auch in Slowenien höchstgerichtliche Entscheide, die klar gemacht haben: LGBTIQ-Rechte sind Menschenrechte!", schrieb der LGBTIQ-Sprecher der führenden Oppositionspartei in einer Aussendung. Er würdigte den hartnäckigen und jahrelangen Einsatz der Zivilgesellschaft, durch den Politik und Gerichte zum Handeln gebracht worden seien. "Unsere slowenischen Geschwister haben diesen Meilenstein durch jahrelanges Engagement ermöglicht und darüber freuen wir uns mit ihnen!"