Spanien, ein Land, das hohe Temperaturen eigentlich gut kennt, leidet derzeit unter einer ungewöhnlich frühen und langen Hitzewelle. Seit dem Wochenende werden in vielen Landesteilen Temperaturen von 35 bis weit über 40 Grad gemessen.

In der andalusischen Stadt Sevilla, wo man für gewöhnlich im Hochsommer Temperaturen über 40 Grad gewohnt ist, kletterte der Thermometer bereits jetzt im Juni auf 48 Grad. 

Seit Jahresbeginn seien schon mehr als 19.000 Hektar Wald- und Buschland verbrannt, berichtete der staatliche TV-Sender RTVE am Mittwoch unter Berufung auf Daten des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus. Das sei in etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt derselben Zeiträume in den Jahren 2006 bis 2021. Experten führen die Entwicklung auf die Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels zurück.

Schwere Waldbrände 

Neben der Hitze in Andalusien und Madrid, sieht sich Spanien auch mit heftigen Waldbränden im Norden des Landes konfrontiert. 

Wegen mehrerer gleichzeitiger Waldbrände aufgrund der Hitzewelle wurde in Katalonien Großalarm ausgerufen. Bisher sind insgesamt etwa 1100 Hektar Wald- und Buschland vernichtet worden. Neben den Berufsfeuerwehren waren in Katalonien auch Hubschrauber, Drohnen und Einheiten der Sonderabteilung des Militärs für Notfälle im Einsatz. Die Flammen in den Gebieten, in denen es zu wenig geregnet hat, werden durch eine Hitzewelle und teilweise heftige Winde noch angefacht. Am meisten Sorgen bereitet ein Brand in Artesa de Segre in der Provinz Lleida rund 130 Kilometer nordwestlich von Barcelona. Seit Ausbruch des Feuers am Vortag seien dort mehr als 500 Hektar Wald vernichtet worden.

Sollten die Flammen an der Südflanke nicht gestoppt werden können, drohe sich der Brand in das Tal von Segre auszubreiten und bis zu 20.000 Hektar Wald zu erfassen. Die Behörden riefen alle Bauern der Region auf, mit ihren Traktoren und Pflügen dabei zu helfen, Brandschneisen anzulegen. Die anderen, etwas kleineren Brände wurden aus Corbera d"Ebre (Tarragona) und aus Castellar de la Ribera (Lleida) gemeldet. Dort seien jeweils etwa 300 Hektar ein Raub der Flammen geworden.

48 Grad im Juni in Sevilla
48 Grad im Juni in Sevilla © (c) APA/AFP/CRISTINA QUICLER (CRISTINA QUICLER)

Warnstufe Rot in Frankreich ausgerufen

Auch in Frankreich handelt sich um die früheste Hitzeperiode in einem Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Land. Die hohen Temperaturen verschlimmern die Trockenheit der Böden, die den Landwirten nach einem niederschlagsarmen Winter und Frühjahr bereits große Sorgen macht. Zudem steigt das Risiko von Waldbränden. Im Süden Frankreichs wurde örtlich auch Ozon-Alarm ausgerufen.

Mit der Hitzewelle in Frankreich müssen sich die Menschen örtlich auf Temperaturen bis zu 42 Grad einstellen. Das teilte der Wetterdienst Météo France am Donnerstag in seiner aktualisierten Vorhersage mit. In zwölf Départements wurde die Warnstufe Rot ausgerufen. 

© (c) APA/AFP/CRISTINA QUICLER (CRISTINA QUICLER)

Die höchsten Temperaturen in Frankreich wurden am Samstag erwartet, am heißesten soll es im Südwesten werden. Nahezu flächendeckend können aber Werte von bis zu 40 Grad erreicht werden. Premierministerin Élisabeth Borne mahnte die Bevölkerung zur Vorsicht. Die Menschen sollten genügend trinken, sich im Kühlen aufhalten und nach ihren Nachbarn schauen.

Betroffen von der Hitzewelle sind auch die Maturantinnen und Maturanten, die derzeit ihre Prüfungen schreiben. Manche Gymnasien achten darauf, dass die Klausuren nur in Räumen stattfinden, die nach Norden gehen. Viele Baubetriebe passen die Arbeitszeiten auf den Baustellen an. Die Bahn SNFC sorgt sich um die Schienen und Oberleitungen, die sich in der Hitze verformen könnten. Am Bahnhof in Bordeaux wurden bereits 53 Grad an den Schienen gemessen.

Mehrere Städte erweitern die Öffnungszeiten der Parks und stellen Nebelmaschinen auf. Die französische Regierung hat außerdem Vorkehrungen zum Schutz von Obdachlosen und alten Menschen getroffen. Sie will 500 Millionen Euro in die Begrünung der Innenstädte investieren, um Frische-Oasen zu schaffen.

Italien trocknet aus

Auch in Italien sind Hitze und Trockenheit ein großes Problem. Der Wasserstand des Po ist so niedrig wie seit 70 Jahren nicht mehr, wie das Wetterportal Ilmeteo.it schreibt. Der Po ist der längste Fluss Italiens und stellt das größte Wasserreservoir des Landes dar. Vor allem in der Landwirtschaft fehlt das Wasser immer mehr für die Bewässerung.

In den norditalienischen Regionen Piemont, Lombardei, Venetien und Emilia-Romagna, in denen die Po-Ebene liegt, wollten die Behörden am gestrigen Donnerstag den Notstand ausrufen.

Von einer "außergewöhnlich schwierigen Lage" sprach der Präsident der Lombardei, Attilio Fontana. 

Wie der Landwirtschaftsverband Coldiretti betont, bedrohe die Trockenheit mittlerweile die Hälfte der Anbauflächen. Diese machen rund ein Drittel der gesamten Agrarproduktion Italiens aus. Mit der Ausrufung des Notstands ermöglicht man den Behörden, Finanzhilfen für die bedrohten Gebiete zu organisieren und die Wasserverteilung auf den Weg zu bringen.

"Temperaturen für Österreich okay"

Die von Spanien und Frankreich ausgehende Hitzewelle wird am Wochenende auch Mitteleuropa erreichen und somit in Deutschland und Österreich spürbar sein. In Deutschland rechnen Meteorologen mit 38 oder 39 Grad. Mitte Juni war es in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen noch nie so heiß.

In Österreich hingegen kann man nicht von einer "Welle" an sich sprechen. 33 bis 35 Grad können erwartet werden, wie Berechnungen zeigen. Durch die subtropische Warmluft aus Spanien wird es vor allem im Westen und Südwesten heiß werden. "Am Montag ist damit aber schon wieder Schluss", betont Thomas Turecek, Vorhersage-Meteorologe der Zamg. 

Zur in Spanien neuerdings geführten Klimadebatte sagt er: "Mitte Juni über 30 Grad in Österreich: das darf sein und ist okay". Bis jetzt gebe es durch kühle Nächte noch genügend Erholungseffekte für die Österreicherinnen und Österreicher. "Erst wenn wir in den Nächsten über 20 Grad haben, wird es unangenehm", so Turecek. 

Nicht nur Europa stöhnt unter der Hitze

Extreme Hitze und Feuchtigkeit haben nach Angaben des US-Bundesstaates Kansas in den vergangenen Tagen Tausende Rindern getötet. Dem Gesundheits- und Umweltministerium von Kansas waren bis Dienstag mindestens 2000 Todesfälle bei Rindern bekannt, die auf die hohen Temperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit zurückzuführen sind, sagte Sprecher Matthew Lara. Die brütenden Temperaturen bedrohen den Viehbestand weiter. Extreme Hitzewellen sind eine Folge der Klimakrise.

Die Zahl der 2000 toten Rinder bezieht sich auf Einrichtungen, die die Behörde um Hilfe bei der Beseitigung von Kadavern gebeten haben, so Lara. Die Rinder begannen unter Hitzestress zu leiden, als die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit vergangenes Wochenende im Westen von Kansas in die Höhe schnellten und die kühlenden Winde ausblieben, sagte Scarlett Hagins, Sprecherin der Kansas Livestock Association. Die Tiere konnten sich nicht an die plötzliche Veränderung gewöhnen, sagte sie. "Es war im Grunde ein perfekter Sturm", sagte AJ Tarpoff, Veterinärmediziner für Rinderzucht an der Kansas State University.

Die Temperaturen erreichten am Montag im Nordwesten von Kansas bis zu 42 Grad Celsius (108 Grad Fahrenheit), sagte Drew Lerner, Präsident von World Weather Inc. Dieses Wochenende werden Teile des westlichen Kansas und des texanischen Panhandles bis zu 110 Grad Fahrenheit erreichen, obwohl stärkere Winde und eine niedrigere Luftfeuchtigkeit dazu beitragen werden, das Sterben von Rindern zu minimieren, sagte er.

Die Todesfälle machen der US-Rinderindustrie zu schaffen, da die Erzeuger ihre Herden aufgrund der Trockenheit verkleinert haben und mit den Futtermittelkosten zu kämpfen haben, die durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine gestiegen sind und die weltweite Getreideversorgung verknappen. Kansas ist nach Texas und Nebraska der drittgrößte Rinderstaat der USA mit mehr als 2,4 Millionen Rindern in Mastbetrieben.