Angesichts von Leid und Ungerechtigkeit dürfen und sollen Menschen auch mit Gott hadern, ihm Vorwürfe machen und lautstark protestieren. Dies sei ähnlich berechtigt wie bei Kindern, die gegen ihre Eltern revoltieren, um deren Aufmerksamkeit zu erhalten, sagte Papst Franziskus am Mittwoch bei Generalaudienz auf dem Petersplatz. Lauter Protest oder Schweigen seien Gott oft lieber als vorformulierte Gebetstexte, so Franziskus laut Kathpress.
In seiner Katechesenreihe über das Alter befasste sich Franziskus diesmal mit der biblischen Figur des Hiob, dem viel Leid und Unrecht geschah und der deswegen mit Gott haderte. Im Buch Hiob begegneten Leser einem tief gläubigen Menschen, "der keine Karikatur Gottes akzeptiert, sondern seinen Protest so lange hinausschreit, bis Gott sich zeigt".
Es sei gut, von Hiob zu lernen, "um der Versuchung zu widerstehen, angesichts von Verzweiflung und Schmerz über den Verlust von allem zu moralisieren." Auch Hiobs Freunde hätten sich angemaßt, "alles zu wissen, über Gott und den Schmerz". Nachdem sie damit aber Hiob trösten wollten, hätten sie ihn "mit ihren vorgefertigten Plänen schließlich doch verurteilt. Gott bewahre uns vor solchem heuchlerischen und anmaßenden Pietismus!", mahnte der Papst.
Viele Menschen müssten Leid tragen wie Hiob: Eltern mit einem stark behinderten Kind etwa, oder Menschen mit einem schwer kranken und pflegebedürftigen Angehörigen. Zu manchen Zeiten häufe sich solches Leid, etwa in der Pandemie oder in Kriegen wie in der Ukraine. Wie bei Hiob dürften solche Exzesse aber nicht "als eine überlegene Rationalität der Natur und der Geschichte" interpretiert werden, schon gar nicht dürften sie "als verdiente Antwort auf Sünden der Opfer" religiös abgesegnet werden. Im Buch Hiob weise Gott genau dieses Ansinnen zurück, ihn zum Verfolger oder Strafenden zu machen.