Der Hongkonger Kardinal Joseph Zen Ze-kiun ist nach seiner Festnahme wieder freigelassen worden. Der 90-jährige frühere katholische Bischof von Hongkong war gemeinsam mit anderen Unterstützern der Demokratiebewegung am Mittwochabend (Ortszeit) festgenommen worden. Sie kamen anschließend auf Kaution frei, ihre Pässe wurden jedoch konfisziert, teilte die Polizei mit.

Die Festgenommenen waren wie Zen als Treuhänder an der Verwaltung eines inzwischen aufgelösten humanitären Fonds für Demonstranten der gegen Peking gerichteten pro-demokratischen Proteste im Jahr 2019 beteiligt. Ihnen wurde laut Medienberichten "geheime Absprache mit ausländischen Kräften" vorgeworfen.

Vier Personen waren festgenommen worden

Nach Angaben der Polizei waren zwei Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 45 und 90 Jahren festgenommen worden. Reuters hatte zuvor berichtet, dass insgesamt fünf Menschen festgesetzt worden seien, neben Zen die Anwältin Margaret Ng, die Popsängerin Denise Ho, die ehemalige Abgeordnete Cyd Ho und der Kulturwissenschaftler Hui Po-keung.

Der Vatikan hatte sich über die Festnahme des Hongkonger Kardinals besorgt gezeigt. "Der Heilige Stuhl hat die Nachricht der Verhaftung von Kardinal Zen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und verfolgt die Entwicklung der Situation mit größter Aufmerksamkeit", erklärte der vatikanische Pressesprecher Matteo Bruni am Mittwoch.

Kardinal Zen hatte wiederholt vor dem Abkommen des Vatikan mit der Kommunistischen Führung in Peking zur Frage der Bischofsernennungen gewarnt, erinnerte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in einer Aussendung. Zen beklagte, dass mit der Unterzeichnung Druck auf die Gläubigen der chinesischen Untergrundkirche ausgeübt werde, sich der staatlich kontrollierten Chinesisch Katholisch-Patriotischen Vereinigung anzuschließen.

"Der Vatikan schweigt zu Verletzungen von Religionsfreiheit und Menschenrechten durch die chinesische Regierung. Das Abkommen bedeutet nicht nur, einer totalen Kontrolle über die katholischen Christen in China den Weg zu ebnen, es stellt auch eine Abkehr von allen aufgrund ihrer Religion Verfolgten dar", so die IGFM.

Joseph Zen
Joseph Zen © (c) AP (Kin Cheung)

Die internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nannte die Festnahmen "schockierend". "Die Verhaftung eines 90-jährigen Kardinals wegen seiner friedlichen Aktivitäten ist ein schockierender neuer Tiefpunkt für Hongkong und veranschaulicht den freien Fall der Menschenrechte in der Stadt in den vergangenen zwei Jahren", sagte HRW-Mitarbeiterin Maya Wang dem Portal Hong Kong Free Press, wie Kathpress meldet.

Weiter hieß es: "Die Verhaftungen, die nach der Ernennung des ehemaligen Sicherheitschefs John Lee durch die chinesische Regierung zum Regierungschef der Stadt erfolgen, sind ein unheilvolles Zeichen dafür, dass das harte Durchgreifen in Hongkong eskalieren wird." Der chinatreue bisherige Sicherheitsminister John Lee war am Sonntag (8. Mai) zum neuen Regierungschef Hongkongs bestimmt worden.

"Verrat" und "Ausverkauf" der Interessen von Chinas Katholiken

Kardinal Zen zählt zu den kirchenpolitisch prägenden katholischen Kirchenvertretern Asiens. Über seine Amtszeit hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der chinesischen Regierung und ihrer Religionspolitik, zuletzt zunehmend auch des Vatikans und seiner China-Politik.

Im schwierigen Dialog zwischen dem Vatikan und der chinesischen Führung in Peking warnte Zen immer wieder eindringlich vor zu großen Zugeständnissen Roms an das kommunistische Regime, das nicht vertrauenswürdig sei. Mehrfach sprach er gar von "Verrat" und einem "Ausverkauf" der Interessen von Chinas Katholiken.

Zen stammt aus der Diözese Shanghai, wo er am 13. Jänner 1932 als Sohn eines christlichen Teehändlers geboren wurde. Er wuchs in sehr armen Verhältnissen auf und trat als junger Mann dem Salesianerorden bei. Unter anderem studierte er an den Ordenshochschulen in Turin und Rom. In Italien erlebte Zen auch die für ihn prägende Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965).

Von 1989 bis 1996 lehrte er Philosophie und Sakramententheologie an verschiedenen chinesischen Seminaren, unter anderem in Shanghai. Dann ernannte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) den Theologen zum Koadjutor in Hongkong, um den dortigen Bischof zu unterstützen. 2002 rückte Zen auf den Bischofssitz der Sieben-Millionen-Metropole mit ihren rund 350.000 Katholiken - ein Amt, das er bis 2009 ausübte.

2006 machte ihn Papst Benedikt XVI. zum Mitglied des Kardinalskollegiums. 2008 verfasste Zen im Auftrag des Papstes die Meditationen für den Karfreitags-Kreuzweg am Kolosseum; darin ging er auch auf die Unterdrückung der Christen in China ein.