Auch eine Ausnahme-Monarchin wie sie – 96 Jahre auf der Welt und 70 davon im Amt – kann die körperliche Zerbrechlichkeit, die das hohe Alter zwangsläufig mit sich bringt, nicht negieren: Erstmals seit 1963, als sie mit ihrem jüngsten Sohn Edward schwanger war, musste Queen Elizabeth II. die Regierungserklärung im britischen Parlament in London auslassen.
"Episodisch auftretende Mobilitätsprobleme" plagen sie laut Buckingham Palace, sprich: Die Regentin wurde schwach – und hörte, dem Vernehmen nach widerwillig, auf ihr Ärzte-Team. Aus diesem Grund musste sie die "Queen's Speech", mit der traditionell eine neue Sitzungsperiode von Unter- und Oberhaus eingeläutet wird, an Sohn und Thronfolger Charles weiterreichen.
Der 73-Jährige las das vom angezählten Premierminister Boris Johnson verfasste Regierungsprogramm recht zügig vor. Die britische Presse ortet bereits den Beginn einer faktischen "Prinzregentschaft" unter Charles – auch wenn dieser die Passage "meine Regierung" respektvoll in "Regierung Ihrer Majestät" umformulierte. Noch ist Charles Prinz und Thronfolger – und nicht der neue britische König.
Bereits in den letzten Monaten fiel die Königin oft aus. Dass sie nun auch die Thronrede, konstitutioneller Eckpfeiler des Königreichs, nicht wahrnehmen konnte, ist ein Signal für Wachablöse im Königshaus und als historischer Moment bzw. Blick in die Zukunft deutbar.
Die "Queen's Speech", die der zukünftige König an der Seite seiner Gattin Camilla (74) und seines älteren Sohns William (39) hielt, inkludierte ein ganzes Bündel von teils harschen Gesetzesentwürfen, 38 an der Zahl.
Damit sollen vor allem die in Großbritannien massiv steigenden Lebenshaltungskosten sozial abgefedert werden. Außerdem will Johnsons Kabinett das Demonstrationsrecht weiter einschränken bzw. die Position der Polizei stärken, die Klimakrise bekämpfen und das Brexit-Königreich auf stabilere eigene Beine fern der Europäischen Union stellen.
Obgleich die britische Königsfamilie offiziell keine politische Kompetenz besitzt, wichtige Themenkomplexe, die auch ein künftiger Thronfolger nicht ausklammern sollte.