"Wir sind sicher, dass er der Mörder von Madeleine McCann ist", sagte der Braunschweiger Staatsanwalt Hans Christian Wolters am Dienstagabend in einem Interview mit dem portugiesischen Sender CMTV. "Die Ermittlungen laufen und wir haben einige neue Fakten gefunden, einige neue Beweise", fügte er hinzu. Es seien keine forensische Beweise wie DNA-Spuren, "aber Beweise", hob Wolters in dem auf Englisch geführten Interview hervor. Nähere Angaben wollte der Staatsanwalt nicht machen.
Auf die Frage, ob es wahr sei, dass etwas, das Madeleine McCann gehört habe, in dem Lieferwagen von Christian B. gefunden worden sei, sagte Wolters, er könne keine Details der Ermittlungen kommentieren. Auf die erneute Nachfrage, ob er dies aber auch nicht dementieren könne, antwortete der Staatsanwalt: "Ich möchte das nicht dementieren." Laut den Ermittlungen in Deutschland belegen Telefonaufzeichnungen, dass Christian B. sich zur Tatzeit in der Nähe des Hotelkomplexes im portugiesischen Ferienort Praia da Luz aufhielt, aus dem Maddie am Abend des 3. Mai verschwunden war. Von wem B. an diesem Abend angerufen worden sei, werde weiter untersucht, sagte Wolters in dem Interview.
Verdächtiger hat kein Alibi
Zugleich hob er hervor, dass Christian B. nicht nachweisen könne, dass er nicht am Tatort gewesen sei. "Christian B. hat kein Alibi", sagte der Staatsanwalt. Das britische Mädchen Madeleine "Maddie" McCann war am 3. Mai 2007 kurz vor ihrem vierten Geburtstag aus der Wohnung ihrer Familie in einer Ferienanlage an der südportugiesischen Algarve-Küste verschwunden, während ihre Eltern in einem Restaurant zu Abend aßen. Trotz großangelegter internationaler Fahndungen wurde der Fall nie aufgeklärt, von Maddie fehlt bis heute jede Spur.
Im Juni 2020 trat dann eine überraschende Wendung ein: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig gab bekannt, dass sie Mordermittlungen gegen den Deutschen Christian B. führt. Er ist wegen Sexualdelikten vorbestraft und lebte von 1995 bis 2007 regelmäßig an der Algarve.
Portugiesen ermitteln
Derzeit sitzt der wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafte B. in der Strafanstalt Oldenburg eine siebenjährige Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Touristin in Praia da Luz ab. Vor zwei Wochen teilte auch die portugiesische Staatsanwaltschaft mit, dass sie Christian B. nun offiziell des Mordes an Maddie beschuldige. Wolters hatte dazu erklärt, bei dem Schritt der portugiesischen Staatsanwaltschaft gehe es vornehmlich darum, eine Verjährung der Tat zu verhindern. Auch bei den deutschen Ermittlungen gegen Christians B. gehe es nicht vordringlich um den Fall Maddie, andere Verfahren gegen ihn hätten derzeit Priorität.
In dem Interview mit dem portugiesischen Fernsehsender sagte Wolters nun: "Die Tatsache, dass Christian B. in Portugal als Verdächtiger geführt wird, zeigt, dass wir nicht auf dem falschen Weg sind." Madeleines Eltern werden laut Wolters nicht als Verdächtige geführt. Im Fall Maddie wird auch in Großbritannien weiter ermittelt.