Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hat eindringlich vor einem Ende des Rechts auf Abtreibung in den USA gewarnt. "Die Folgen dieser Entscheidung wären ein Schlag nicht nur für die Frauen, sondern für alle, die glauben, dass es in einer freien Gesellschaft Grenzen für den Eingriff des Staates in unser Privatleben gibt", erklärte der 60-Jährige am Dienstag in einer Mitteilung.
Sollte der Oberste US-Gerichtshof sein Grundsatzurteil zu Abtreibungen von 1973 kippen, zwinge dies die Menschen dazu, jedes verfassungsrechtlich anerkannte Interesse daran aufzugeben, was mit ihrem Körper geschehe, sobald sie schwanger seien. "Nach der Logik des Gerichts könnten die Parlamente der Bundesstaaten vorschreiben, dass Frauen jede Schwangerschaft bis zum Ende austragen müssen, unabhängig davon, wie früh sie ist und welche Umstände zu ihr geführt haben - selbst bei Vergewaltigung oder Inzest", so Obama.
Es sei unwahrscheinlich, dass so eine Entscheidung die Zahl der Abtreibungen signifikant verringern würde. Dafür, dass die Zahl sinke, seien größtenteils der bessere Zugang zu Verhütungsmitteln und Aufklärung verantwortlich. Schwangere würden bei einem Verbot "verzweifelt nach illegalen Abtreibungen suchen, die unweigerlich große Risiken für ihre Gesundheit, ihre zukünftige Fähigkeit, Kinder zu gebären, und manchmal auch für ihr Leben mit sich bringen", erklärte Obama.
Demonstration in New York
Tausende Menschen haben in New York gegen die möglicherweise drastische Einschränkung des Abtreibungsrechts demonstriert. Menschenmassen füllten am Dienstag den Foley Square in Downtown Manhattan - die Teilnehmer signalisierten mit grünen Kleidern ihre Unterstützung für weibliche Selbstbestimmung. Auf Plakaten stand unter anderem "Frauenfeindlichkeit tötet mehr Menschen als Abtreibung" oder "Stoppt den Krieg gegen Frauen".
Hintergrund ist der Entwurf einer Urteilsbegründung des Supreme Court, der dem Magazin "Politico" vorliegt. Diesem Entwurf zufolge soll das als Roe v. Wade bekannte Grundsatzurteil von 1973 gekippt werden. Der Supreme Court hat die Echtheit des Dokuments bestätigt. Gleichzeitig betonte er, dass es sich dabei nicht um eine finale Entscheidung handle. Ähnlich wie US-Präsident Joe Biden sprach sich auch Obama dafür aus, das Recht auf Abtreibung per Gesetz festzuschreiben. Mit den aktuellen Mehrheiten im Senat können Bidens Demokraten ein solches Gesetz aber nicht ohne weiteres durchbringen.