Vor der Fußwaschung feierte Franziskus eine Messe mit den Häftlingen. Anwesend war auch die italienische Justizministerin Marta Cartabia, wie die vatikanische Pressestelle am Donnerstagabend berichtete.
Der Vatikan bezeichnete das Treffen des Papstes mit den Häftlingen als "privaten Besuch". "Jesus lehrt uns dies, ganz einfach: Ihr müsst einander die Füße waschen [...] einer dient dem anderen, ohne Interesse: wie schön wäre es, wenn es möglich wäre, dies jeden Tag und für alle Menschen zu tun", sagte der Papst bei der Messe.
Am Ende der Zeremonie dankte der Direktor des Gefängnisses dem Papst und überreichte ihm einen Druck des alten Hafens von Civitavecchia, einige Produkte aus dem Garten des Gefängnisses und einige von den Mitarbeitern und Insassen angefertigte Werke. Nach der Feier begab sich der Papst in den Gesprächsraum der Strafanstalt, wo er kurz etwa 50 Personen begrüßte, die Insassen und Mitarbeiter des Gefängnisses repräsentierten. Danach kehrte er in den Vatikan zurück.
Gefangene statt verdiente Kleriker
Schon in den vergangenen Jahren hatte der Papst die Messe am Gründonnerstag in Gefängnissen zelebriert. Die Tradition war 2020 und 2021 wegen der Pandemie ausgesetzt worden. Die Messe am Gründonnerstag erinnert an das Letzte Abendmahl Jesu, bei dem dieser seinen zwölf Jüngern als Zeichen der Demut und Liebe die Füße wusch. Traditionell fand die Gründonnerstagsliturgie in der Lateranbasilika statt, der eigentlichen römischen Papstkirche. Die Vorgänger von Franziskus vollzogen die Fußwaschung in der Regel an verdienten Klerikern.
Franziskus brach bei seinem ersten Osterfest 2013 mit der Tradition, indem er den Gottesdienst unter weitgehendem Ausschluss von Medien in einer Jugendstrafanstalt feierte. 2014 verlegte er den Ritus in eine Behinderteneinrichtung. Dabei wusch er unter anderem einem muslimischen Behinderten aus Libyen die Füße. 2015 wusch der Papst Insassen des römischen Rebibbia-Gefängnisses die Füße. Am Gründonnerstag 2016 besuchte er ein Flüchtlingsheim. Die Fußwaschung vollzog er an Flüchtlingen, darunter auch mehreren Muslimen.
Auftakt Chrisammesse
Franziskus hatte am Donnerstagvormittag die Chrisammesse im Petersdom mit Priestern aus der Diözese Rom und der vatikanischen Kurie gefeiert. Die Chrisammesse bildet den Auftakt zu den großen liturgischen Feiern rund um Ostern. Bei der Chrisammesse wurden die heiligen Öle geweiht, die bei der Spendung von Taufe, Firmung, Krankensalbung, sowie bei Weihen verwendet werden. Zugleich erneuerten im Petersdom mehrere Priester die Versprechen, die sie bei ihrer Weihe gegeben hatten.
Am Freitag werden die Osterfeierlichkeiten mit der Karfreitagsliturgie im Vatikan und dem Kreuzweg am Kolosseum fortgesetzt. Der Kreuzweg erinnert in 14 Stationen an den Leidensweg Jesu. Es ist eine der eindrucksvollsten Zeremonien im römischen Kirchenjahr. Am Samstagabend folgt die mehrstündige Feier der Osternacht im Petersdom, am Ostersonntag die Ostermesse mit dem anschließenden Segen "Urbi et orbi".