Die radikalislamischen Taliban haben wenige Stunden nach der offiziellen Öffnung von Schulen für Mädchen in Kabul diesen Beschluss offenbar wieder rückgängig gemacht. AFP-Reporter filmten am Mittwoch in der Sarghona High School in der afghanischen Hauptstadt, als ein Lehrer den Raum betrat und alle nach Hause schickte. Ein Sprecher der Taliban bestätigte daraufhin, dass die Mädchen wieder nach Hause beordert worden waren.

Einen Grund für den kurzfristigen Kurswechsel der Talibanführung nannte er nicht. "Wir dürfen uns nicht dazu äußern", sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. In der Sarghona High School schlossen die niedergeschlagenen Schülerinnen ihre Bücher, packten ihre Sachen und verließen weinend das Klassenzimmer.

Mehr als sieben Monate nach der Machtübernahme der Taliban waren Mädchen Mittwoch früh wieder zum Unterricht in weiterführende Schulen in Kabul zurückgekehrt. Auch in anderen Provinzen des Landes sollten sie wieder am Unterricht teilnehmen dürfen.

Strenge Vorschriften für das öffentliche Leben

Für die Rückkehr von Schülerinnen ab zwölf Jahren und Lehrerinnen müssten allerdings bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehöre, dass Mädchen den islamischen Hijab tragen und in separaten Gebäuden von weiblichen Lehrkräften unterrichtet werden müssten. Wo getrennte Räume nicht möglich seien, solle der Unterricht von Buben und Mädchen gestaffelt werden.

Seit ihrer Rückkehr an die Macht Mitte August 2021 haben die Taliban immer strengere Vorschriften für das öffentliche Leben erlassen. So wurden etwa Autofahrer angewiesen, im Fahrzeug keine Musik abzuspielen. Zudem sollen Frauen ohne männliche Begleitperson nicht weiter als 45 Meilen (etwa 72 Kilometer) reisen dürfen. Frauen können in vielen Fällen nicht mehr zurück an ihre Arbeitsplätze. Viele flohen seit der Machtübernahme der Islamisten aus dem Land.

Während der ersten Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 waren diese Frauen und Mädchen praktisch vollständig von Bildung und Arbeit außerhalb ihres Hauses ausgeschlossen. Westliche Länder machen eine Anerkennung der Taliban-Regierung unter anderem von Fortschritten bei Frauenrechten abhängig.

Das Recht von Frauen auf Bildung ist eine der Hauptbedingungen der internationalen Gemeinschaft für Hilfen an die nicht anerkannte Taliban-Regierung. Als die Islamisten im August letzten Jahres die Macht übernahmen, hatten sie offiziell wegen der Corona-Pandemie alle Schulen geschlossen. Zwei Monate später durften nur Buben und einige jüngere Mädchen den Unterricht wieder aufnehmen.