Papst Franziskus ist am Sonntag zu einem Besuch in einem Migrantenlager auf der griechischen Mittelmeerinsel Lesbos angekommen. Der Pontifex fuhr in dem Camp Kara Tepe vor, stieg dann entgegen des Protokolls aus dem Auto aus und ging zu Fuß an Hunderten Migranten vorbei. Er gab vielen die Hand, plauderte und legte Kindern die Hand auf den Kopf. Franziskus beklagte zugleich den weltweit fatalen Umgang mit Migration.
Das Mittelmeer etwa, die "Wiege zahlreicher Zivilisationen", werde zum "kalten Friedhof ohne Grabsteine" und einem "Spiegel des Todes", sagte der Papst laut Kathpress. "Ich bitte euch, lasst uns diesen Schiffbruch der Zivilisation stoppen", forderte Franziskus sichtlich bewegt.
Für einen Neuanfang sei es wichtig, in die Gesichter der Kinder zu sehen, so der Papst, der sich viel Zeit genommen hatte, die vielen Heranwachsenden im Lager zu begrüßen. "Lasst uns den Mut finden, uns vor ihnen, die unschuldig sind und die Zukunft bedeuten, zu schämen. Sie hinterfragen unser Gewissen und fragen uns: 'Welche Welt wollt ihr uns geben?' Lasst uns nicht eilig Reißaus nehmen vor den brutalen Bildern ihrer kleinen Körper, die regungslos am Strand liegen", sagte Franziskus in Anwesenheit der griechischen Präsidentin Katerina Sakellaropoulou. Mauern und Stacheldrähte seien keine Lösung. Zugleich forderte Franziskus einen umfassenderen Ansatz zur Bekämpfung von Fluchtursachen.
Der Besuch des Papstes auf Lesbos galt dem "Aufnahme- und Identifizierungszentrum" in Mytilini. Dies ist der Nachfolgebau des im vergangenen Jahr abgebrannten Flüchtlingslager Moria, das seiner Zeit größte Flüchtlingslager Europas. Das neue Zentrum ist kleiner und den Angaben zufolge besser ausgestattet. Derzeit leben nach Aussage von Nichtregierungsorganisationen rund 2.500 Menschen dort.