Die Eltern des mutmaßlichen jugendlichen Todesschützen an einer Schule im US-Bundesstaat Michigan sind gefasst worden. "Die beiden Flüchtigen wurden geortet und festgenommen. Ein Kompliment der Polizei von Detroit", schrieb das Sheriffs-Büro im Bezirk Oakland am Samstag auf Facebook. James und Jennifer C. seien im ersten Stock eines Fabrikgebäudes in Detroit entdeckt worden, sagte ein Sprecher der Polizei dem Sender CNN.
Die Festnahme sei ohne Zwischenfälle verlaufen, zitierte die "New York Times" Detroits Polizeichef James E. White. Die Polizei haben einen Tipp bekommen, dass sich die beiden in dem Gebäude versteckten.
Eltern hätten Tatwaffe gekauft
Nach Aussage der Staatsanwältin Karen McDonald vom Freitag wird James und Jennifer C. jeweils Totschlag in vier Fällen vorgeworfen. Die Eltern hätten die Tatwaffe gekauft, ihrem minderjährigen Sohn Zugang zu der Pistole gestattet und Warnungen ignoriert, schilderte McDonald laut CNN. Eine Anklage gegen die Eltern eines Täters bei einem solchen Gewaltakt in Schulen sei sehr selten, aber in diesem Fall seien die Fakten "ungeheuerlich", sagte sie.
Vier Schüler sind tot
Der 15-Jährige hat laut Polizei am Dienstag mit der Waffe, die sein Vater erst Tage zuvor gekauft hatte, vier Schüler getötet. Zudem verletzte er sechs Schüler und eine Lehrerin. Die Anklage geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Der Zehntklässler ist unter anderem wegen Terrorismus mit Todesfolge und vierfachem Mord angeklagt. Zu der Terror-Anklage sagte McDonald, in Michigan sei Voraussetzung dafür eine Tat mit Todesfolge gegen eine Gemeinschaft von Menschen.
McDonald sagte, der Vater habe die Waffe am 26. November in Anwesenheit des Sohnes gekauft. Der Sohn habe noch am gleichen Tag in sozialen Medien ein Foto davon mit dem Kommentar "Habe heute meine neue Schöne bekommen" veröffentlicht, sagte McDonald. In seiner High School in Oxford nördlich von Detroit sei der Sohn von einem Lehrer erwischt worden, als er im Internet nach Munition suchte. Die Schule habe die Mutter telefonisch und per Email informiert, aber keine Antwort erhalten, schilderte McDonald. Die Mutter habe dem Sohn daraufhin folgende SMS geschrieben: "LOL - Ich bin nicht sauer. Du musst lernen, nicht erwischt zu werden."
Am Morgen der Tat fand eine Lehrerin demnach bei dem späteren Schützen eine Zeichnung, die sie so verstörend fand, dass sie ein Foto davon machte. Zu sehen war darauf laut Staatsanwaltschaft eine Zeichnung der Waffe. Zudem stand dort: "Die Gedanken wollen nicht aufhören. Helft mir." Neben der Zeichnung einer Kugel befanden sich demnach die Wörter "überall Blut", an anderer Stelle hieß es: "die Welt ist tot". Daraufhin seien die Eltern sofort an die Schule zitiert worden. Der Sohn habe die Zeichnung noch vor dem Treffen mit den Eltern abgeändert. In der Besprechung hätten die Eltern den Sohn nicht gefragt, ob er seine Waffe bei sich hätte, erklärte McDonald.
"Die Vorstellung, dass ein Elternteil diese Worte liest und weiß, dass ihr Sohn Zugang zu einer tödlichen Waffe hatte, die sie ihm gegeben haben, ist unvorstellbar. Und ich denke, es ist kriminell", sagte McDonald vor Journalisten.
Waffe nicht weggesperrt
Die Eltern hätten sich geweigert, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen, daher sei er zurück ins Klassenzimmer gegangen. Sie hätten auch seinen Rucksack nicht auf die Waffe hin durchsucht. Als dann bekannt wurde, dass jemand an der Schule auf Menschen schoss, schrieb die Mutter ihrem Sohn eine Nachricht mit den Worten: "tue es nicht". Der Vater fuhr daraufhin nach Hause und rief kurze Zeit später bei der Polizei an und gab an, dass seine Waffe fehlte, wie die Staatsanwältin schilderte. Die Waffe sei im Schlafzimmer der Eltern in einer nicht abgesperrten Schublade gelagert worden, sagte McDonald. "Waffenhalter haben eine Verantwortung", mahnte sie.
In den USA kommt es immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen, weil Schützen an Schulen das Feuer eröffnen. Das Waffenrecht in den USA unterscheidet sich je nach Bundesstaat, aber Schusswaffen wie Pistolen und Sturmgewehre sind meist verhältnismäßig leicht zu bekommen. Strengere Waffengesetze scheitern in der Regel an den Republikanern im Kongress und an der mächtigen Waffenlobby. US-Präsident Joe Biden hat Maßnahmen zur Eindämmung von Waffengewalt in Aussicht gestellt, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse.