Trotz explodierender Corona-Infektionszahlen in Europa hat der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, die Auffrischungsimpfungen für gesunde Geimpfte verurteilt. "Täglich werden weltweit sechs Mal mehr Auffrischimpfungen verabreicht als erste Impfdosen in Ländern mit niedrigen Einkommen. Das ist ein Skandal, der jetzt gestoppt werden muss", sagte er in Genf.
Auffrischungen oder das Impfen von Kindern hätten keinen Sinn, solange Gesundheitspersonal und besonders gefährdete Menschen in ärmeren Ländern noch auf ihre erste Impfdosis warteten, beklagte der WHO-Chef.
Die Menschen könnten mit den vorhandenen Schutzmaßnahmen geschützt werden, darunter testen, Maske tragen, Abstand halten sowie guter Lüftung und dem Vermeiden von Menschenansammlungen auf engem Raum. "Mit der richtigen Mischung können Länder sowohl die Übertragung von Covid-19 niedrig halten als auch ihre Gesellschaften und Wirtschaft offenhalten", sagte Tedros. "Kein Land kann sich einfach aus der Covid-19-Pandemie herausimpfen."
Nach Angaben der WHO fehlen für das Ziel, bis Ende des Jahres in jedem Land der Welt 40 Prozent der Bewohner zu impfen, noch 550 Millionen Impfdosen. So viel werde innerhalb von zehn Tagen produziert. Die WHO appellierte erneut an Länder mit großen Mengen Impfstoff, auf Lieferungen zugunsten des UNO-Programms Covax zu verzichten, das vor allem ärmere Länder versorgt. Die österreichische Bundesregierung hatte erst am Mittwoch bekanntgegeben, dass sie auf eine Million Dosen des Impfstoffes von Johnson&Johnson zugunsten von Covax verzichtet hat. Außerdem beschloss der Ministerrat, weitere 1,5 Millionen Dosen von Astrazeneca und Biontech/Pfizer für bedürftige Staaten zu spenden.