Das abgegebene Projektil konnte sichergestellt werden, sagte Sheriff Adan Mendoza. Es gebe Hinweise, dass sich noch mehr scharfe Munition am Set befand. Dazu seien aber weitere Untersuchungen nötig.
Die Ermittler hätten bei der Durchsuchung des Drehorts 600 Beweismittel-Stücke sichergestellt, darunter drei Waffen und Munition. Die Untersuchungen dauerten an, sagte Bezirksstaatsanwältin Mary Carmack-Altwies. Es sei zu früh, um über eine mögliche Anklage zu entscheiden. Alle Beteiligten, darunter Baldwin, würden mit der Polizei kooperieren. "Wir haben noch nichts ausgeschlossen", wurde Carmack-Altwies am Dienstag von der "New York Times" zitiert. "Zu diesem Zeitpunkt ist alles, einschließlich strafrechtliche Anklage, auf dem Tisch."
Die Staatsanwältin stellte klar, dass es sich dabei nach bisherigen Erkenntnissen nicht bloß um eine "Prop-Gun", also um eine Requisitenwaffe gehandelt habe, die realen Waffen nur ähnle. Die in einigen Gerichtsdokumenten zu dem Fall benutzte Terminologie sei irreführend, denn es habe sich um eine echte Pistole gehandelt. "Es war eine echte Waffe", sagte Carmack-Altwies. Was es genau für eine Feuerwaffe war, sagte sie nicht, beschrieb sie aber als eine antike Waffe, die zu der Ära passe, in der der Film spielt. Der Western "Rust" ist im 19. Jahrhundert angesiedelt.
Kamerafrau tödlich verletzt
Bei dem Vorfall während der Dreharbeiten zu dem Western "Rust" auf einer Filmranch in New Mexico war am vorigen Donnerstag die 42 Jahre alte Chef-Kamerafrau Halyna Hutchins tödlich verletzt worden. Hauptdarsteller Baldwin (63) hatte die Waffe bei der Probe für eine Szene abgefeuert. Laut einem Polizeibericht hatte der Regieassistent dem Schauspieler bei der Übergabe der Pistole gesagt, dass es sich um eine "kalte Waffe" ohne Munition handele. Der Assistent habe nach eigener Aussage nicht gewusst, dass eine Patrone in der Waffe steckte.
Regisseur Joel Souza (48) war bei dem Zwischenfall an der Schulter verletzt worden, konnte das Krankenhaus aber wenig später wieder verlassen. Souza stand zum Zeitpunkt des tödlichen Vorfalls hinter der Kamerafrau. Die Dreharbeiten für den Western wurden ausgesetzt.
Carmack-Altwies zufolge könnten sich die Ermittlungen über Wochen oder Monate hinziehen, ehe es zu einer möglichen Anklage kommen könnte. Es habe "große Mengen" von Munition am Set gegeben, sage die Staatsanwältin der "New York Times". Nach Angaben der Polizei seien bei der Durchsuchung des Drehorts drei Revolver, gebrauchte Patronen und Munition unter anderem in Schachteln, lose und in einer Gürteltasche gefunden worden.
Vermutungen über laxe Sicherheitsvorkehrungen
Der Regieassistent, der Baldwin die Waffe übergab, sei 2019 wegen eines ähnlichen Vorfalls bei einem Film entlassen worden, berichteten zahlreiche US-Medien. Bei dem Dreh zu "Freedom's Path" sei damals ein Tontechnik-Mitarbeiter leicht verletzt worden, nachdem unerwartet eine Requisitenwaffe losgegangen sei, hieß es unter Berufung auf die Produktionsfirma des Films.
Kritik wurde nach Medienberichten auch an der 24 Jahre alten Waffenmeisterin laut, die für die ordnungsgemäße Handhabung aller Waffen am Set zuständig war. "Rust" war erst der zweite Film, an dem sie in dieser Funktion beteiligt war.
Vermutungen über laxe Sicherheitsvorkehrungen wurden auch von einem Bericht der Nachrichtenseite "The Wrap" gestützt, wonach einige Crewmitglieder in ihrer Freizeit angeblich scharfe Munition benutzten, um auf Bierdosen zu schießen. Die Quellen wurden nicht namentlich genannt. Demnach hätte ein derartiges Zielschießen am Morgen, wenige Stunden vor dem tödlichen Vorfall am Set, stattgefunden, sagte "The Wrap"-Journalistin Sharon Waxman dem Sender CNN. Eine dieser Waffen sei später am Set an Baldwin weitergereicht worden.
Echte Waffen als Requisitenwaffen
Filmwaffenexperte Wolf sagte dem Sender dazu: "Sie haben keine Requisitenwaffen geladen, sie haben echte Waffen geladen und mit ihnen geschossen. Dann haben sie dieselben echten Waffen am Set als ihre Requisitenwaffen benutzt." Dies sei nach seiner Einschätzung das Problem gewesen.