Die Elternschaft ist für viele das ultimative Ziel im Leben. Einen ausgeprägten Fortpflanzungsdrang verspürte offensichtlich - und zum Unglück vieler kanadischer Eltern - auch der Fruchtbarkeitsarzt Dr. Norman Barwin aus Ottawa. Er wird beschuldigt, Frauen mit dem falschen Sperma befruchtet zu haben, in mindestens 17 Fällen sogar mit seinem eigenen. Wie die Nachrichtenabteilung "NBC News" des gleichnamigen amerikanischen Fernsehsenders berichtet, konnte man sich nun auf einen Vergleich in der Höhe von 10 Millionen US-Dollar einigen.
Eine Anwaltskanzlei, die eine betroffene Familie vertritt, bezeichnete den umfangreichen Vergleich als "bahnbrechend in einem beispiellosen Fall". Zuvor hatten 17 Patienten des Fruchtbarkeitsarztes durch DNA-Tests herausgefunden, dass Dr. Barwin selbst der biologische Vater ihres Kindes ist, mehr als 80 weitere Personen würden die wahre Identität ihres Vaters nicht einmal kennen. Klar sei in diesen Fällen nur, dass nicht das richtige Sperma verwendet wurde. "Einige Eltern konnten die beabsichtigte, korrekte biologische Vaterschaft ihrer Kinder bestätigen. Allerdings besitzen 100 Kinder nicht die DNA des vorgesehenen biologischen Vaters", heißt es in der Erklärung der Anwaltskanzlei.
Vorwürfe gehen bis zum Jahr 1970 zurück
Im Jahr 1989 suchten Davina und Daniel Dixon den Arzt Norman Barwin - mit einem ausgeprägten Kinderwunsch im Gepäck - auf, der daraufhin die künstliche Befruchtung durchführte. Im Juni 1990 kam schließlich Tochter Rebecca zur Welt. Bis 2016 war nicht klar, dass sie gar nicht das biologische Kind ihres Vaters ist. Der Mutter überkamen Zweifel, als sie einen Artikel las, in dem behauptet wurde, dass es ungewöhnlich sei, dass zwei Menschen mit blauen Augen ein Kind mit braunen Augen zur Welt bringen.
Ein DNA-Test bestätigte schließlich den Verdacht, demnach sei Daniel Dixon mit einer Wahrscheinlichkeit "von null Prozent der biologische Vater". Nach weiterer Recherche der Familie wurde dann der Fruchtbarkeitsarzt selbst als wahrer Vater von Rebecca identifiziert, die Dixons reichten noch im selben Jahr eine Sammelklage ein. Seitdem meldeten sich viele weitere Ex-Patienten von Barwin, doch das Bild bleibt unvollständig.
Arzt bekennt sich nicht schuldig
"Der Vergleich der Sammelklage sieht eine Entschädigung für die Patienten und ihre Kinder vor, deren DNA nicht derjenigen entspricht, die von den Eltern zum Zeitpunkt der von Barwin durchgeführten künstlichen Befruchtung beabsichtigt war", so die Anwaltskanzlei in einer Erklärung. "Sie sieht auch eine Entschädigung für ehemalige Patienten vor, die ihren Samen Barwin entweder zur Aufbewahrung oder für einen bestimmten Verwendungszweck anvertraut hatten, der jedoch von Barwin für die Befruchtung eines anderen Patienten verwendet wurde, was zu Nachkommen führte."
Zudem soll ein Teil des Vergleichs auch in den Betrieb einer DNA-Datenbank fließen, die andere ehemalige Barwin-Patienten dabei unterstützen soll, die biologische Identität ihrer Kinder zu klären. Der beschuldigte Arzt bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe, dem Vergleich habe er zugestimmt, "um nicht noch mehr Zeit und Geld für den Kampf gegen den Fall aufwenden zu müssen."
Simon Rothschedl