Südafrika droht die nächste Krise innerhalb weniger Wochen - und das inmitten der anhaltenden Corona-Pandemie: Bei Ausschreitungen in den Provinzen KwaZulu-Natal und Gauteng vergangene Woche kamen mindestens 337 Menschen ums Leben. Ungefähr eine Woche lang wüteten in den beiden Provinzen heftige Proteste, ganze Industriegebiete gingen in Flammen auf. Jetzt nimmt auch noch der südafrikanische "Taxi-Krieg" wieder an Brisanz zu, der im Land an der Südspitze Afrikas seit Jahrzehnten quasi Teil des Alltags ist.
Ein Konflikt, ausgetragen auf dem Rücken der Ärmsten
Aber es bleibt nicht beim Schließen einzelner Routen. Die Taxiverbände haben aufgrund der neuerlich aufkeimenden Gewalt all ihre Fahrer angewiesen, zu Hause zu bleiben. Das trifft vor allem die Ärmsten der Gesellschaft: Das Taxigewerbe macht etwa 60 Prozent des öffentlichen Nahverkehrs aus, lediglich Wohlhabende können sich ein Auto leisten. (Berufs-)Pendler unterer sozialer Schichten sind auf die charakteristischen Toyota-Kleinbusse angewiesen, um aus den Townships zur Arbeit zu kommen.
Zurzeit stehen die Taxis aber still, wodurch auch viele Arbeiter, die ohnehin schon am Existenzminimum leben, wirtschaftlich noch mehr unter Druck geraten. Alternativen gibt es praktisch keine. Obwohl die Taxiverbände ihren Betrieb eingestellt haben, wollen sie auch nicht, dass andere auf ihren Routen fahren: Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, wurden mehrere Uber-Fahrer mit Brandbomben angegriffen, einem Fahrer eines lokalen Busunternehmens wurde in den Mund geschossen, worauf die meisten Linien eingestellt wurden. Auch auf die S-Bahn könne nicht ausgewichen werden, sie sei infolge von Korruption, Brandstiftung und Kabeldiebstahl kaum mehr funktionsfähig.
Für die Ärmsten bleibt die Lage dramatisch. Niemand weiß, wann sich die Situation wieder beruhigen wird und vor allem, wann die Taxis wieder ihren Betrieb aufnehmen. Aus der Bevölkerung werden immer mehr Stimmen laut, dass die Regierung dafür sorgen müsse, den Stopp zu beenden. Doch wie die Vergangenheit zeigt, sind die Forderungen nach der Rückendeckung vom Staat vergeblich. Die Unruhen infolge der Inhaftierung von Ex-Präsident Jacob Zuma sind nur das jüngste Beispiel dafür, dass der Staat sein Gewaltmonopol nicht im Griff hat. Für Südafrika scheint daher nun zu gelten: Nach der Krise ist vor der Krise.
Simon Rothschedl