Rund zehn Tage nach dem britischen Milliardär Richard Bransonunternahm heute auch Amazon-Gründer Jeff Bezos einen Kurz-Ausflug ins Weltall. Bei dem ersten bemannten Weltraumflug seiner Firma Blue Origin waren neben Bezos auch sein Bruder Mark sowie eine 82 Jahre alte frühere US-Pilotin und ein 18-Jähriger, der den Flug von seinem Vater geschenkt bekam, an Bord. Zu dem vierköpfigen Team gehören daher nach Angaben des Unternehmens der jüngste und der älteste Mensch, der jemals ins All geflogen ist. Auch weil das Wetter mitspielte lief alles wie geplant: Alle Bestandteile der Rakete sowie die Astronauten sind wieder sicher auf die Erde zurückgekehrt. Jeff Bezos konnte in der Kapsel während des Astronautenstatuschecks über Funk gehört werden, wie er jubelte, dass dies der "beste Tag aller Zeiten" sei.Nach dem Start beschleunigte das Raumschiff innerhalb von zwei Minuten auf mehr als 3.700 Kilometer pro Stunde. Kurz danach trennte sich die Kapsel von der wiederverwendbaren Rakete. Die Schwerelosigkeit setzte ein, die vier Passagiere durften kurzzeitig ihre Sitze verlassen und Lachen und Jubel war zu hören. Ihren höchsten Punkt erreichte die abgetrennte Kapsel in mehr als 100 Kilometer Höhe über der Erde. "Die Astronauten werden drei bis vier Minuten Schwerelosigkeit erleben und oberhalb der Kármán-Linie, der international anerkannten Grenze des Weltraums, fliegen", erklärte Bezos' Raumfahrtunternehmen vor der Mission. Abgebremst von großen Fallschirmen landete die Kapsel schließlich in der westtexanischen Wüste.Bereits vor rund zehn Tagen hatte mit Branson bereits ein anderer Milliardär mit seinem eigenen Raumschiff, in diesem Fall die "VSS Unity" der Firma Virgin Galactic, einen Kurzausflug ins All unternommen.
Die "VSS Unity" stieg am 11. Juli im US-Bundesstaat New Mexico auf eine Höhe von etwa 86 Kilometern auf. Unter Experten ist es damit strittig, ob Branson tatsächlich im Weltraum war: Der Internationale Luftfahrtverband (FAI) und viele andere Experten sehen zwar 100 Kilometer über der Erde als Grenze zum Weltraum an, es gibt jedoch keine verbindliche internationale Regelung.
Erster konnte Jeff Bezos nicht werden. Kurz nachdem der Amazon-Gründer mit viel Fanfare einen Ausflug ins All angekündigt hatte, drängelte sich Branson dazwischen.
Jetzt zog Bezos nach: "Seit meinem fünften Lebensjahr träume ich davon, ins All zu reisen." Schon vor rund 20 Jahren gründete der nach Angaben des Magazins "Forbes" reichste Mensch der Welt deswegen die Raumfahrtfirma Blue Origin. Im Westen des US-Bundesstaates Texas hat Blue Origin in den vergangenen Jahren das Raumschiff "New Shepard" entwickelt und getestet. Die Mission startete am Weltraumbahnhof rund 25 Meilen außerhalb der westtexanischen Stadt Van Horn.Bemannt ist die "New Shepard" zuvor noch nie geflogen - nun startete das symbolträchtig nach dem ersten US-Amerikaner im All, Alan Shepard, benannte Raumschiff auf den Tag genau 52 Jahre nach der ersten Mondlandung erstmals mit Menschen an Bord. Die Bezeichnung Bezos' als "reichster Mensch im Universum" bekam heute also eine neue Konnotation. Die Streaming-Show des Unternehmens läuft seit 13.30 Uhr MESZ, der Start erfolgte gegen 15 Uhr und die Landung zurück auf der Erde circa 11 Minuten später.
New Shepard fliegt mit Autopilot
Das schlagzeilenträchtige Milliardärs-Wettrennen rund um die Erfüllung eigener All-Träume und die lukrative Spitzenposition im Geschäft mit dem Weltraumtourismus bekommt aber auch starken Gegenwind von Kritikern, die egoistische Geldverschwendung ohne Rücksicht auf das Klima und weitgehend ohne wissenschaftliche Forschungsinteressen anmahnen.
Angesichts von extremen Hitzewellen und Bränden im Westen der USA und der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands, aber auch der Corona-Pandemie sendeten die All-Abenteuer der Millionäre kein gutes Zeichen, kommentierte der US-Nachrichtensender CNN. "Dies scheint ein merkwürdiger Moment für die reichsten Menschen der Welt, ihre ungeheuerlichen Mittel für eine Unternehmung einzusetzen, die keinen sofortigen Nutzen für den größten Teil der Gesellschaft hat."
Mittlerweile räumte der Amazon-Gründer in einem Interview ein, die Kritiker der Milliardäre im Weltraum hätten "größtenteils Recht". Er wisse, dass es eine Menge Probleme hier und jetzt auf der Erde gebe, an denen man arbeiten müsse. Aber man müsse auch immer in die Zukunft schauen: "Es geht bei der Mission darum, einen Weg ins All zu bauen, damit die nächsten Generationen dort erstaunliche Dinge tun können. Und diese erstaunlichen Dinge werden Probleme hier auf der Erde lösen."
unserem Korrespondenten Julian Heißler aus Washington