In Deutschland starben mehr als 150 Menschen in den Schlammfluten, sie wurden von einstürzenden Häusern erschlagen, sie ertranken. "Verschleiert werden soll, dass Sirenen nicht heulten. Dass Warnungen seit Tagen vorlagen, aber die Bürger nichts erfuhren", kritisiert die Bild-Zeitung.
Auch der Westdeutsche Rundfunk steht wegen seiner Berichterstattung aus Nordrhein-Westfalens Unwetterregionen nach wie vor in der Kritik. Der WDR hatte sein Nachtprogramm im Fernsehen und auf der Hauptwelle WDR2 trotz sich zuspitzender Lage in Wuppertal und anderen Orten in der Vorwoche, am Tag, als die Flut kam, nicht unterbrochen. In sozialen Netzwerken mehrten sich Vorwürfe. Der WDR kündigte für vergangenen Donnerstag dann "Sondersendungen im Radio und Fernsehen zu Auswirkungen des Unwetters in NRW" an.
Der Sender teilte mit: "In der Nacht hat der WDR im Netz auf WDR.de und bei WDRaktuell zur Situation in Wuppertal, Euskirchen und Rhein-Sieg-Kreis aktualisierte Infos gepostet und alle 30 Minuten monothematische Sonderausgaben der Radio-Nachrichten auf allen Wellen gesendet." Beim Jugendsender 1Live sei das Thema die ganze Nacht lang mit Beiträgen in der jungen Nacht der ARD für ganz Deutschland begleitet worden. "Die ARD Nacht-Programme, wie die ARD Info Nacht, wurden aus dem WDR Newsroom mit Informationen versorgt."
Der Branchendienst dwdl.de sprach von "unterlassener Hilfeleistung". dwdl-Chefredakteur Thomas Lückerath schrieb: "Wenn der finanziell großzügig ausgestattete öffentlich-rechtliche Rundfunk wie hier im Falle des WDR es in akuten Krisensituationen nicht schafft, ein verlässliches Informationsangebot für das Sendegebiet zu liefern, was wohl unbestritten zur Kernaufgabe gehört, dann wird bei all den Sparbemühungen der Häuser, an den falschen Stellen gespart."
Der Meteorologe und MDR-Moderator Jörg Kachelmann formulierte es bei Twitter auch sehr deutlich: "Ich hätte mich gefreut, wenn es diesmal anders gewesen wäre. Es tut weh, wenn genau die, die die Mittel hätten, um eine solche Wetterlage 24/7 zu begleiten, nichts tun, um Leben zu retten. Aber sie senden irgendeinen Scheiß und lassen die Leute ersaufen."
Hat Katastrophenschutz ausreichend funktioniert?
Unterdessen forderte Wirtschaftsminister Peter Altmaier Aufklärung, ob der Katastrophenschutz tatsächlich ausreichend funktioniert habe. "Es muss, sobald wir die unmittelbare Hilfe geleistet haben, auch geschaut werden: Gibt es Dinge, die nicht gut gelaufen sind, gibt es Dinge, die schief gelaufen sind? Und dann muss korrigiert werden", sagte der CDU-Politiker am Sonntag im "Bild live"-Politiktalk "Die richtigen Fragen". "Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht um Verbesserungen für die Zukunft."
Der Leiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, verteidigte den Katastrophenschutz gegen Kritik. "Unsere Warninfrastruktur hat geklappt im Bund", sagte er im ZDF-"heute journal". "Der Deutsche Wetterdienst hat relativ gut gewarnt." Das Problem sei, dass man oft eine halbe Stunde vorher noch nicht sagen könne, welchen Ort es mit welcher Regenmenge treffen werde. Über Warn-Apps seien 150 Meldungen verschickt worden. Wo die Menschen in den Hochwassergebieten durch Sirenen gewarnt worden seien und wo nicht, könne er im Moment nicht sagen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in der Sendung, man werde darüber nachzudenken haben, wie man Warnsysteme verbessern könne und wie man jene erreichen könne, die keine App hätten. Auch bei der Koordination der Katastrophenhilfe sei "wahrscheinlich noch einiges zu tun". Der Minister lehnte aber eine Zentralisierung des Katastrophenschutzes in Berlin ab.
Versäumnisse beim Bevölkerungsschutz
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sieht schwere Versäumnisse beim Bevölkerungsschutz. "Die rechtzeitigen Warnungen der Meteorologen sind weder von den Behörden noch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend an die Bürgerinnen und Bürger kommuniziert worden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Es bietet sich das Bild eines erheblichen Systemversagens, für das der Bundesinnenminister Seehofer unmittelbar die persönliche Verantwortung trägt."
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte unterdessen mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. "Wir brauchen schon einen Klima-Ruck in Deutschland", sagte er am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Das Unwetter mit verheerenden Folgen vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch im Südosten Bayerns nannte er einen Weckruf.
Für Mittwoch kündigte Söder eine Regierungserklärung an. Dabei werde es nicht nur darum gehen, Ziele zu definieren, sondern das auch finanziell mit einem Klimaprogramm zu hinterlegen. Klimaschutz sei keine ideologische Frage, sondern eine Frage der Vernunft und der Ethik. Es gehe darum, die Heimat stärker zu schützen und zu überlegen, welche Welt man Kindern und Kindeskindern übergeben wolle.