Nach dem verheerenden Unwetter und dem Tornado mit enormen Schäden in Tschechien ist der zweite Block des Atomkraftwerkes Temelin heruntergefahren worden. Die Maßnahme erfolgte nach einem Schaden an einer abführenden Hochspannungsleitung. Das teilte der oberösterreichische Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) in einer Presseaussendung am Freitag mit. Er warnte vor einem ähnlichen Zwischenfall beim AKW Dukovany.
Die Umstände für die Notabschaltung von Temelin sind für Kaineder unklar und er forderte von Betreiber und Aufsichtsbehörde "umfassende Aufklärung zum Vorfall". Er zitierte zu Temelin Berichte der lokalen Medien, wonach die abführende 400-kV-Hochspannungsleitung zwischen dem Kraftwerk und der Schaltanlage Kocín aufgrund von schweren Gewittern beschädigt worden sei - drei Strommasten wurden demnach zerstört. Der zweite Block in Temelin sei daraufhin automatisch heruntergefahren worden.
Hier ein Video-Report von Georg Renner:
"Aus allen Himmelsrichtungen kamen Verletzte"
"Erdrückende Bilder" haben sich den Helfern aus Niederösterreich in der Nacht auf Freitag im Südosten Tschechiens geboten. Nur wenige Stunden, nachdem ein Tornado über das Gebiet hinweggefegt war, war Patrick Wolfram mit seinen Kollegen des Roten Kreuzes in der Gemeinde Hrusky (Birnbaum) und half bei der Versorgung der Verletzten. "Häuser und Infrastruktur waren völlig zerstört", beschrieb der Weinviertler im APA-Gespräch die Szenerie. "Man kennt das sonst nur aus den Vereinigten Staaten, aus den klassischen Hurrikan-Gebieten", befand Wolfram, freiwilliger Mitarbeiter des Roten Kreuzes und Leiter der Bezirksstelle Laa a. d. Thaya (Bezirk Mistelbach). "Aus allen Himmelsrichtungen" seien die Verletzten vor allem zu Beginn auf die Helfer zugeströmt.
Mindestens fünf Menschen wurden bei dem schweren Unwetter mit einem Tornado getötet. Rund 200 Menschen wurden verletzt, davon mussten knapp 60 stationär im Krankenhaus behandelt werden. Der Tornado hat sieben Dörfer in der Region Südmähren verwüstet.
Die Situation dort sei wie in einem Krieg, sagte Gesundheitsminister Adam Vojtech im TV. Ministerpräsident Andrej Babis nannte die Naturkatastrophe eine "Apokalypse" für Tschechien, wie er sie nie zuvor gesehen habe. Der Tornado habe rund 2.000 Häuser beschädigt, der Schaden belaufe sich auf Hunderte Millionen Tschechische Kronen. Babis drückte den Angehörigen der Todesopfer sein Mitgefühl aus.
Mehrere Busse seien bei dem Unwetter umgestürzt, berichtete der Fernsehsender CT. Alle verfügbaren Einsatzkräfte seien auf dem Weg in die Region, so Innenminister Jan Hamacek. "Alles, was Arme und Beine hat, fährt dorthin." Der Tornado wird vorerst als Kategorie F3 klassifiziert; dabei handelt es sich nach der Fujita-Skala um Sturmgeschwindigkeiten von 254 bis 332 km/h, die schwere Schäden verursachen können. Nach Einschätzung eines ZAMG-Experten könnte es sich aber sogar um einen Tornado der Stärke F4 gehandelt haben, die Abklärungen liefen noch. In Österreich ereignen sich pro Jahr durchschnittlich vier Tornados.
Tschechien mobilisierte alle Kräfte, Hilfe gibt es auch aus Österreich. Die Notarzthubschrauber Christophorus 2 und 9 brachten je ein schwerverletztes Opfer in Spitäler nach Wien, sagte ein Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung.
Bus in ein Feld gefegt
Die Christophorus-Teams halfen laut Ralph Schüller,Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, bei der Bergung, nachdem der Tornado einen Bus gut 70 Meter weit von der Straße in ein Feld gefegt hatte. Dort habe es wohl Tote und etliche Schwerverletzte gegeben, zwei der Opfer wurden zur medizinischen Versorgung nach Wien geflogen. Es handle sich um einen etwa 50-Jährigen, offenbar der Buschauffeur, sowie um ein 15-jähriges Mädchen. Beide seien schwer verletzt, aber nicht in Lebensgefahr. Der Unfallort lag bei Mikulcice (deutsch Mikultschitz, auch Nickoltschitz, Nikolschitz), ein Dorf mit rund 2.000 Einwohnern in der Region Jihomoravský kraj.
"Halbe Ort wurde dem Erdboden gleichgemacht"
Auf Bildern und Videos in den sozialen Medien war eine gewaltige Windhose zu sehen. Der Wetterdienst CHMU bestätigte später, dass es sich um einen Tornado gehandelt habe. Besonders betroffen waren die Gemeinden Hrusky (Birnbaum) mit knapp 1.500 und Moravska Nova Ves (Mährisch Neudorf) mit rund 2.600 Einwohnern. Der stellvertretende Bürgermeister Hruskys sagte der Agentur CTK, dass der halbe Ort dem Erdboden gleichgemacht worden sei. "Geblieben sind nur die Mauern, ohne Dach, ohne Fenster", sagte er. Die Menschen hätten sich vor dem Unwetter nicht schützen können.
Mehrere Rettungsstaffeln mit Hunden waren unterwegs ins Einsatzgebiet, um in Gebäuden nach möglichen Verschütteten suchen. Die Feuerwehr ging von Haus zu Haus. "Hier herrscht großes Chaos, große Panik", sagte ein Augenzeuge in der Gemeinde Luzice (Luschitz) dem Sender CT. Viele Häuser sollen einsturzgefährdet sein. Die Polizei sperrte die Zufahrtswege zu mehreren Orten, um Schaulustige fernzuhalten.
Den ganzen Abend zogen schwere Sommergewitter durch Südmähren, das für seine Weinanbaugebiete bekannt ist. Die Notrufleitungen waren überlastet. In den Verwaltungsbezirken Breclav (Lundenburg) und Hodonin fielen nach Berichten in den sozialen Medien tennisballgroße Hagelkörner. Am Schloss Valtice (Feldsberg), das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, entstand ein Millionenschaden. An dem Barockbau aus dem 17. Jahrhundert barsten zahlreiche Fensterscheiben.
Hilfe aus Österreich
Die Autobahn D2, die von Brno (Brünn) nach Breclav führt, war nicht befahrbar, weil eine Hochspannungsleitung auf die Fahrbahn gestürzt war. Rund 32.000 Haushalte waren ohne Elektrizität. Die Regierung in Prag versetzte Kräfte der Armee für einen möglichen Hilfseinsatz in Bereitschaft. Das Rote Kreuz Niederösterreich war laut Sprecher Andreas Zenker mit 32 Fahrzeugen in Tschechien im Einsatz. Hinsichtlich möglicher Patienten wurden zudem alle weiteren Kliniken im Weinviertel, jene in St. Pölten und Wiener Neustadt sowie Wiener Krankenhäuser vorinformiert, erfuhr die APA. Hilfe bot auch die benachbarte Slowakei an.
"Unser Mitgefühl gilt den Opfern und den Familien der Opfer", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am EU-Gipfel in Brüssel zu den Vorfällen. Kurz dankte in den frühen Morgenstunden des Freitag den österreichischen Einsatzkräften, die grenzüberschreitend tätig seien und versuchten, einen Beitrag zu leisten. Der tschechische Regierungschef Andrej Babis ließ mitteilen, dass er wegen des Wetters in Europa nicht mit dem Flugzeug aus Brüssel zurückkehren könne, wo er ebenfalls am Gipfel teilnimmt.
ÖAMTC flog zwei Opfer nach Wien
Die Notarzthubschrauber Christophorus 2 und 9 brachten je ein schwerverletztes Opfer in Spitäler nach Wien, sagte ein Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung der APA. Ein Tornado hatte am Donnerstagabend sieben Dörfer in der Region Südmähren verwüstet.
Die Christophorus-Teams halfen laut Ralph Schüller, Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, bei der Bergung, nachdem der Tornado einen Bus gut 70 Meter weit von der Straße in ein Feld gefegt hatte. Dort habe es wohl Tote und etliche Schwerverletzte gegeben, zwei der Opfer wurden zur medizinischen Versorgung nach Wien geflogen. Es handle sich um einen etwa 50-Jährigen, offenbar der Buschauffeur, sowie um ein 15-jähriges Mädchen. Beide seien schwer verletzt, aber nicht in Lebensgefahr. Der Unfallort lag bei Mikulčice (deutsch Mikultschitz, auch Nickoltschitz, Nikolschitz), ein Dorf mit rund 2.000 Einwohnern in der Region Jihomoravský kraj.
Der schwere Sturm hat offenbar sogar mehrere Busse umgestürzt, berichtete der Fernsehsender CT. Auch das Rote Kreuz Niederösterreich war laut Sprecher Andreas Zenker mit zahlreichen Fahrzeugen in Tschechien im Einsatz.
"Weltuntergangsstimmung" im Raum Hollabrunn
Ein Unwetter hat am Donnerstagabend im Raum Hollabrunn den Einsatz von rund 650 Mitgliedern von insgesamt 50 Feuerwehren gefordert. Tennisballgroße Hagelkörner beschädigten Dutzende Dächer und Autos zum Teil stark. Man spreche von "Weltuntergangsstimmung", sagte Franz Resperger vom Landeskommando Niederösterreich der APA. Im Laufe des Abends wurde Schrattenberg bei Poysdorf (Bezirk Mistelbach) von Ausläufern einer mächtigen Gewitterzelle in Tschechien getroffen.
In der mehr als 800 Einwohner zählenden Grenzgemeinde wurden laut Resperger etwa die Hälfte aller Hausdächer abgedeckt. Hagel sei ebenso wie massiver Regen niedergegangen. Objekte wurden unter Wasser gesetzt. Helfer würden von einem "Bild der Verwüstung" sprechen, so Resperger. Der Landesfeuerwehrverband war in den Abendstunden mit Planen aus Tulln auf dem Weg ins nördliche Weinviertel. Beschädigte Häuser in Schrattenberg sollten provisorisch geschützt werden.
Weitere Unwetter
Ebenfalls von Unwettern geplagt wurde am Donnerstagabend der Bezirk Zwettl. Hier standen Resperger zufolge zehn Feuerwehren im Einsatz. Schwere Hagelkörner wurden u.a. in der Nähe der Bezirksstadt registriert.
In den vergangenen Tagen kam es auch in Salzburg und Oberösterreich zu starken Hagelunwettern.