Das Vereinigte Königreich, derzeit in achttägiger Staatstrauer, bereitet sich auf die Beisetzung des im 100. Lebensjahr verstorbenen Königsgemahls Prinz Philip am Samstag vor. Mit Spannung wurde erwartet, ob sein Enkel Harry samt Familie aus dem fernen Kalifornien, in das dieser 2020 ausgewandert war, anreisen würde. Mittlerweile ist klar: Der 36-Jährige, der seinen royalen Pflichten entsagte, ist bereits am Sonntagnachmittag am Londoner Flughafen Heathrow eingetroffen – allerdings ohne seine hochschwangere Frau Meghan (39) und das gemeinsame Kind Archie (1).

Der Sarg Philips soll in einem eigens angepassten Land Rover innerhalb der Schlossmauern zur Kapelle gefahren werden, gefolgt von einer kleinen Trauergemeinde, bestehend aus Prinz Charles und anderen Familienmitgliedern. Die Zeremonie in der St.-Georgs-Kapelle auf Schloss Windsor, in der bereits zahlreiche Hochzeiten und Taufen von Mitgliedern der Königsfamilie stattfanden, wird im engsten Rahmen gehalten werden. Gerade einmal 30 Trauergäste sind zugelassen, selbst der britische Premierminister Boris Johnson sagte seine Teilnahme ab, um Familienmitgliedern den Vortritt zu lassen. Zweifellos, der Abschied vom bis ins hohe Alter rüstigen, stillen Teilhaber der britischen Krone wirft einen weiteren Schatten auf das gebeutelte Post-Brexit-Königreich: Wie wird es weitergehen – vor allem an jenem Tag, an dem Elizabeth II., die am 21. April 95 Jahre alt wird, einmal nicht mehr ist?

Britische Medien spekulieren indes eifrig, ob der Aufenthalt Harrys in seiner einstigen Heimat zu einer offenbar überfälligen Aussprache genutzt wird. Mit dem nun Verstorbenen ist eine Aussprache nicht mehr möglich: Zeitlebens konnte Prinz Philip, der ein durchaus inniges Verhältnis zu seinem Enkel hatte, nicht begreifen, was dessen Leben unerträglich gemacht haben soll. So unerträglich, dass der Fluchtweg aus der Königsfamilie eingeschlagen wurde. Mehr noch: Er soll das Verhalten Harrys wörtlich als "egozentrisch" bezeichnet haben. Sein Verhalten war für Philip kein Akt der Selbstverwirklichung, sondern vielmehr Verletzung ureigener Pflichten.

Das britische Volk dürfte jedenfalls nicht vergessen haben: Als Harry und seine Frau Meghan zur kontroversen Seelenschau bei US-Talkshowlegende Oprah Winfrey antraten und aus der Ferne über ihr Leben in Großbritannien, Rassismus und das Korsett des höfischen Lebens klagten, lag sein Großvater bereits seit einigen Wochen in einer Klinik in London. Das Timing hätte also kaum miserabler sein können, um Verständnis in Großbritannien zu generieren. Danach: Eiszeit. Jetzt könnte der Moment der Aussöhnung mit seinem Bruder William (38) und seinem Vater Charles (72) gekommen sein. Die Frage ist freilich: Was kann sich grundsätzlich an den Fronten – ehernes Pflichtbewusstsein auf der einen Seite, Fliehkräfte auf der anderen Seite des Ozeans – ändern?

William – der Verlässliche aus der neuen Generation der britische Royals – zollte unterdessen seinem verstorbenen Großvater über die offizielle Twitter-Präsenz des Königshauses persönlichen Tribut: Philip sei ein "außergewöhnlicher Mensch" gewesen und zugleich Teil einer "außergewöhnlichen Generation". Seine Kinder würden ihren Großvater bereits vermissen, so William, der dessen ansteckenden Sinn für Humor hervorstrich. Zu sehen ist im Tweet auch ein rührendes Foto aus dem Jahr 2015, das Philip mit seinem Enkel George (7) auf einer Kutsche in Norfolk zeigt. Für Samstag ist geplant, dass William und Harry Schulter an Schulter jenen Mann zu Grabe geleiten, der sie einst bei ihrem schwersten Gang – dem Trauerzug für ihre 1997 verstorbene Mutter Diana – stützte. Harry ergänzte nach seiner Ankunft in Großbritannien: "Für mich war er mein Opa: Meister des Barbecue, eine Scherz-Legende und frech bis zum Ende."

Die Beerdigung von Philip wird am Samstag live im Fernsehen übertragen. Nicht alle werden einschalten: Die BBC hat nach dem Tod des betagten Prinzen eine große Zahl von Zuschauerbeschwerden erhalten. Der Grund: "zu viel" Berichterstattung über den verstorbenen Ehemann der Queen.