Die Junta in Myanmar hat am Sonntag nach neuen Protesten das Kriegsrecht in zwei Stadtteilen von Yangon verhängt. Der Kommandant in der Region Yangon erhalte entsprechende Vollmachten, um "effizienter die Sicherheit aufrechtzuerhalten sowie Rechtsstaatlichkeit und Ruhe zu gewährleisten", hieß es im Staatsfernsehen. Bei Einsätzen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten waren in den beiden Stadtteilen der Wirtschaftsmetropole am Sonntag Dutzende Menschen getötet worden.
Enormer Blutzoll
Zehntausende Menschen hatten in Myanmar Augenzeugen zufolge auch am Wochenende gegen den Militärputsch in dem südostasiatischen Land vom Februar protestiert. Mindestens 33 Personen wurden Medien und Teilnehmern zufolge zwischen Freitagabend und Sonntag getötet, als das Militär und die Polizei in verschiedenen Städten gegen die Demonstranten vorgingen. Amnesty International (AI) verurteilte die zunehmenden Repressionsmaßnahmen gegen Journalisten scharf.
In Myanmar hatte sich das Militär am 1. Februar an die Macht geputscht und die bisherige faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet sowie festgesetzt. Seitdem gibt es immer wieder Massenproteste. Polizei und Armee reagieren zunehmend mit Gewalt.
Mehr als 80 Menschen wurden bereits getötet, wie die gemeinnützige Organisation für politische Gefangene, Assistance Association for Political Prisoners (AAPP), schätzte. Mehr 2.100 Menschen wurden ihr zufolge zudem festgenommen.
Rundumschlag
Auch Journalisten geraten immer öfter ins Visier. Einheimische Reporter müssten sich teilweise vor Verfolgung verstecken und inzwischen würden zunehmend auch ausländische Medienvertreter an ihrer Arbeit gehindert und verfolgt, sagte der AI-Deutschlandchef Markus Beeko der dpa. Die Verhaftung des polnischen Journalisten Robert Bociagas, der auch für die dpa arbeitete, "passt in dieses Bild und ist aufs Schärfste zu verurteilen". Der Reporter war am Donnerstag Medienberichten zufolge in Taunggyi von Einsatzkräften festgenommen worden. Der 30-Jährige soll dabei auch geschlagen worden sein. Die deutsche Botschaft in Myanmar rief die Behörden am Samstag zu einer "fairen und menschlichen Behandlung" Bociagas auf.
Durchgreifen
Alleine Tausende Demonstranten kamen einem Augenzeugen zufolge am Sonntag in der Gemeinde Hlaing Thar Yar im Westen der ehemaligen Hauptstadt Yangon zusammen. Mindestens elf wurden dort getötet, als Sicherheitskräfte die Proteste zerschlagen wollten, wie die Nachrichtenagentur Myanmar Now unter Berufung auf Krankenhausquellen und Rettungsdienste berichtete. "Wir protestieren gegen das Militär und stellen uns diesem brutalen Durchgreifen", sagte ein Augenzeuge der dpa:"Die vielen Tausend Demonstranten in unseren Gemeinden heute zeigen, dass wir Ungerechtigkeit nicht akzeptieren und Gerechtigkeit wollen."
In Bago nordöstlich Yangons sei ein Demonstrant am Sonntag erschossen worden, berichtete ein anderer Augenzeuge der dpa. Ein weiterer Demonstrant kam in Hpakant im nördlichen Staat Kachin ums Leben. Mindestens elf weitere Demonstranten waren zwischen Freitagabend und Samstag getötet worden, darunter in Yangon, Mandalay oder Pyay. Dutzende wurden Augenzeugen zufolge über das Wochenende schwer verletzt. Die Zahl der Toten werde deshalb wohl noch steigen, hieß es.
Mahn Win Khaing Than, ein Politiker der bisher regierenden Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Suu Kyi, wandte sich am Samstag erstmals als Chef einer neugegründeten Gruppe vom Militär abgesetzter Politiker an die Öffentlichkeit. Auf Facebook schwor er, die "Revolution" weiterzuführen. "Dies ist der dunkelste Moment unserer Nation und der Augenblick, in dem die Morgendämmerung naht", erklärte er unter anderem.
Der Sender BBC berichtete, er und andere NLD-Politiker seien einer Festnahme entkommen und hätten im Untergrund eine Art zivile Gegenregierung gegründet. Mahn Win Khaing Than sei zum kommissarischen Leiter ernannt worden. Die Gruppe versuche nun, auf internationaler Ebene als rechtmäßige Regierung Myanmars anerkannt zu werden.