Die strengen Regeln für Einreisen in Deutschland aus sogenannten Virusvariantengebieten wie etwa Tirol sind bis 3. März verlängert worden. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn hatte am Montagabend eine entsprechende Kabinettsvorlage an die anderen Regierungsmitglieder verschickt. Die Beschränkung von Einreisen nach Deutschland sei für weitere 14 Tage "erforderlich", so Spahn. Die Regelung war bis Mittwoch befristet gewesen.
In der vom Bundeskabinett in Berlin beschlossenen Vorlage heißt es, die "deutlich leichtere Übertragbarkeit" der mutierten Viren sei dabei ebenso zu berücksichtigen wie mögliche, noch nicht sicher belegte "Eigenschaftsänderungen der Mutationen". Sie betrifft Länder, in denen sich mutierte Varianten des Coronavirus bereits stark verbreitet haben. Die strengen Regeln betreffen vor allem Länder wie Großbritannien, Südafrika und Brasilien. Die Verordnung gilt aber auch für Portugal, Tschechien oder Teile von Österreich. Deswegen hatte Deutschland am Wochenende straffe Grenzkontrollen zu den beiden Nachbarländern angeordnet.
Wirtschaft befürchtet Störung der Lieferketten
Die Regeln hatten zu Warnungen aus Wirtschaft und Politik geführt, dass Lieferketten nicht unterbrochen werden dürften. "Ich halte Grenzschließungen für kein adäquates Mittel, eine Pandemie zu bekämpfen", kritisierte etwa Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Mit den Kontrollen "zeigt die deutsche Regierung, dass sie aus den anfänglichen Fehlern unkoordinierter Grenzschließungen aus dem Frühjahr 2020 leider nicht gelernt hat", erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mit. Der deutsche Einzelhandelsverband HDE spürt die Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol noch nicht. Wirtschaftsminister Peter Altmaier betonte, Ziel sei es, dass die Lieferketten nicht gestört werden.
"Indiskutabel" - Kritik aus Vorarlberg
Kritik kam am Dienstag von Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Er findet das Verhalten Bayerns rund um die seit Sonntag geltenden strikten Kontrollen an den Grenzen zu Tirol "indiskutabel". Die massiven Einschränkungen im Berufsverkehr müssten sofort beendet werden, sagte er bei der Pressekonferenz nach der Vorarlberger Regierungssitzung am Dienstag. Er appelliere an die Verantwortlichen in Bayern, sich zurückzunehmen - "auch in der Tonlage, unter Nachbarn redet man anders."
Spahn argumentierte, dass die Infektionszahlen in Deutschland leicht rückläufig seien. Allerdings dürften "die hart errungenen Fortschritte der letzten Wochen" nicht durch "eine ungebremste Ausbreitung der Virusvarianten in Deutschland gefährdet werden". Deswegen sei eine "Limitierung des Eintrags durch Reisebewegungen aus Virusvariantengebieten geboten". Laut Robert Koch-Institut (RKI) lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland bei 58,7. In Österreich stieg dieser Wert auf 112,9, somit infizierten sich seit der Vorwoche beinahe 113 Menschen pro 100.000 Einwohner.
295 bestätigte Fälle in Tirol/Österreich
Laut EU-Gesundheitsbehörde ECDC ist die südafrikanische Mutation primär in Österreich verbreitet. Laut dem Bericht der ECDC wurde bis 11. Februar die südafrikanische Mutation B.1.251 in 40 Ländern weltweit nachgewiesen, insgesamt gab es ungefähr 1.400 Fälle. Auf den Europäischen Wirtschaftsraum entfielen rund 350 Fälle. Der Großteil davon fand sich in Österreich bzw. in Tirol - 295 bestätigte Fälle bis vergangenen Donnerstag. Somit machen die bestätigten Mutationsfälle in Österreich 21 Prozent aller weltweiten Fälle und 84 Prozent aller nachgewiesenen Mutationen in der EU aus. Insgesamt wurden 318 Fälle nachgewiesen.
Formal handle es sich bei der deutschen Verordnung um ein Beförderungsverbot, das zum Beispiel Fluglinien verbietet, Passagiere aus den Risikogebieten nach Deutschland zu fliegen. Ausnahmen gelten derzeit nur für deutsche Staatsbürger, Personen mit Aufenthaltsrecht und Transitpassagiere, die in Deutschland nur umsteigen. Sachsen und Bayern wollen zudem streng begrenzt auch Berufspendler aus Tschechien und Österreich passieren lassen. Bisher gelten Ausnahmen für medizinisches Personal, für Lkw-Fahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte sowie für bestimmte Berufspendler, wenn sie gebraucht werden, um den Betrieb in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Österreich fordert eine genau Definition, wer darunter fällt.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) lobte unterdessen die am Montag bekannt gewordenen Erleichterungen für das Deutsche Eck. Die Ausnahmen vom Einreiseverbot für das sogenannte kleine Deutsche Eck (Melleck-Steinpass - Walserberg) und große Deutsche Eck (Kiefersfelden - Walserberg) für Personen, die im Güter- und Warenverkehr tätig sind, Berufspendler, Schüler, Studenten und Auszubildende sei ein "wichtiger und absolut notwendiger Schritt hin zu einer praktikablen Lösung". Er habe die Dringlichkeit auch mit seinem deutschen Innenminister Horst Seehofer besprochen, sagte Nehammer: "Ziel muss es sein, Chaos zu vermeiden, und Versorgungssicherheit zu gewährleisten."
Die Lage an den deutschen Grenzen zu Tschechien und Tirol war am Dienstag entspannt. Es kam zu keinem Stauchaos an den Tiroler Grenzen. Weder auf der A12 am Übergang Kufstein/Kiefersfelden noch auf der A13 am Brenner kam es zu Verzögerungen, sagte eine Polizeisprecherin der APA am Vormittag. "Alles sehr flüssig", kommentierte ein Sprecher der deutschen Bundespolizei-Inspektion Rosenheim die Verkehrslage am Übergang Kiefersfelden. Die deutsche Polizei habe jedoch einzelne Fahrer zurückweisen müssen.