Dutzende festhängende Lastwagen, eine Befreiungsaktion aus einer Schwebebahn und große Probleme im Bahnverkehr: Ein heftiger Schneesturm hat in Teilen Deutschlands für Verkehrschaos gesorgt. Es fielen mancherorts mehr als 30 Zentimeter Schnee, dazu kamen meterhohe Verwehungen. Polizei und Feuerwehr fuhren zahllose Einsätze. Bei der Bahn kam es im Regional- und Fernverkehr zu großen Einschränkungen. Auch Fußballspiele wurden abgesagt.
Hunderte Unfälle auf spiegelglatten Autobahnen
Der heftige Wintereinbruch brachte die Räumdienste etwa in Nordrhein-Westfalen an ihre Grenzen. Die Polizei musste spiegelglatte Autobahnen sperren, es gab Hunderte Unfälle, bei der Bahn fielen Züge wegen vereister Oberleitungen aus. Busse standen vielerorts still. Autos blieben in tiefen Schneewehen stecken.
Das für den Abend geplante Spiel der Fußball-Bundesliga zwischen Arminia Bielefeld und Werder Bremen wurde abgesagt. Der Platz sei nicht bespielbar, hieß es von der Deutschen Fußball Liga. Auch die Zweitliga-Partie Paderborn gegen Heidenheim wurde nicht gespielt.
Sechs Menschen aus Schwebebahn befreit
In Wuppertal befreiten Einsatzkräfte sechs Menschen aus einer Schwebebahn. Die Bahn konnte nach Angaben der Feuerwehr durch das eisige Wetter nicht mehr fahren und blieb stehen. Die Fahrgäste wurden mit Drehleitern aus luftiger Höhe befreit und blieben unverletzt. Wegen der großen Schneemassen stürzte außerdem in Hagen ein Zirkuszelt ein. 13 Tiere wurden gerettet.
Der Lastwagenverkehr kam in Osthessen schon in der Nacht auf Sonntag zeitweise zum Erliegen. Mehr als 55 Sattelzüge konnten dort aufgrund der glatten Fahrbahn und ihres Gewichts die Steigungen nicht überwinden.
Massive Einschränkungen im Zugverkehr
Die Einschränkungen im Bahnverkehr waren teils massiv: Zwischen Hamburg und Nordrhein-Westfalen sowie zwischen Hamburg und Hannover etwa verkehrten keine Züge. Zwischen Hamburg und Berlin komme es zu Einschränkungen, teilte die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite mit. Der Bahnverkehr wird auch am Montag deutlich eingeschränkt sein. Ein eigener Blog zur aktuellen Wetterlage wurde eingerichtet.
Am Sonntagnachmittag erklärte die Bahn, die verschärfte Wetterlage verursache derzeit im Bahnknoten Erfurt weitere Einschränkungen im Fernverkehr. Es fuhren demnach keine Züge von Frankfurt/Main und Kassel in Richtung Osten. Auf der Verbindung Halle/Leipzig/Magdeburg komme es weiter zu Ausfällen der Fernverkehrslinien. "In Niedersachsen, Bremen und insbesondere im Großraum Hannover gibt es keine Entspannung der Lage", hieß es weiter. Für gestrandete Reisende stellte die Bahn sogenannte Aufenthaltszüge auf - zum Aufwärmen.
Der deutsche Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) riet den vom Schneechaos betroffenen Menschen in Deutschland, am Wochenbeginn besser zu Hause zu bleiben. Man könne nicht garantieren, im Laufe des Montags den Bahnverkehr wieder zum Laufen zu bekommen, sagte Scheuer nach einer Lagebesprechung am Sonntag bei "Bild live". Der Wind mache "megamäßig" Probleme, vor allem mit Schneeverwehungen. Betroffen seien auch die Autobahnen und die Bahn. Das heiße: in Absprache mit dem Arbeitgeber "lieber zu Hause bleiben", so der Minister.
"Jetzt kommt große Kälte"
Tief "Tristan" über Mitteleuropa und dem zentralen Mittelmeer bringt im Zusammenspiel mit Hoch "Gisela" über Skandinavien weitere eisige Luft. "Nach dem schnee- und windreichen Wochenende kommt nun aus Osten die große Kälte auf uns zu", sagte Meteorologe Simon Trippler vom DWD am Sonntag. Mit Schnee muss weiter gerechnet werden, allerdings fällt dieser nicht mehr so intensiv wie am Wochenende.
Am Dienstag lassen die Schneefälle dann größtenteils nach, außer an der Küste. Für die Nächte sagen die Meteorologen klirrende Kälte vorher, häufig mit strengem Frost unter minus zehn Grad. Lokal seien insbesondere über Schneeflächen bis zu minus 20 Grad "gut möglich".
Probleme auch in Niederlanden
Wegen des heftigen Schneesturms ist der öffentliche Verkehr auch in den Niederlanden am Sonntag stark beeinträchtigt. Der Zugverkehr wurde am Sonntag bis mindestens 12.00 Uhr eingestellt, wie die Niederländische Bahn in Utrecht mitteilte. Aus dem ganzen Land wurden Störungen vor allem an Weichen gemeldet. Es sei unklar, wann der Zugverkehr wieder aufgenommen werden könne.
Auch der öffentliche Nahverkehr war in mehreren Gebieten stark eingeschränkt. Busse, Straßenbahnen und Metros fuhren nicht. Am regionalen Flughafen Eindhoven wurde der Flugverkehr vorläufig eingestellt. Der Amsterdamer Flughafen Schiphol warnte Reisende vor Verspätungen.
Milde Temperaturen im Süden
Ganz anders zeigte sich das Wetter hingegen im Süden, wo die Menschen deutlich mildere Temperaturen erwarten. Der Grund: Während über der Mitte Deutschlands Kaltluft arktischen Ursprungs liegt, lenken Tiefdruckgebiete über Westeuropa laut DWD sehr milde Luft nach Bayern und Baden-Württemberg.
Ein DWD-Sprecher verwies dabei kürzlich auf den sogenannten Polarwirbel-Split. Normalerweise bewegt sich dieser Luftwirbel kreisförmig direkt über der Region des Nordpols - daher auch der Name. Der Wirbel verstärkt sich regelmäßig im Winter, wenn kein Sonnenlicht die Atmosphäre dort erwärmen kann und diese sich zunehmend abkühlt, was zu einem Druckabfall in der Höhe führt. Kommt es zu einem "Ausbruch", teilt sich der Wirbel und kann sich verlagern. "So einen Ausbruch gibt es immer wieder mal - aber diesmal erwischt es uns voll", sagte der Experte.
Tief Tristan bringt Saharastaub
Währenddessen bringt eine starke Südströmung Staub aus der Sahara bis weit in den Alpenraum. Im Tagesverlauf breitet sich der Regen auf alle Landesteilen aus, insbesondere in Osttirol und Oberkärnten regnet es mitunter auch länger anhaltend und kräftig. Mit dem Einfließen kontinentaler Kaltluft ist im Mühl- und Waldviertel örtlich auch Glatteisbildung durch gefrierenden Regen möglich. Im Westen sinkt die Schneefallgrenze in den Abendstunden allmählich auf 800 Meter Seehöhe. Der zunächst noch teils kräftige Südföhn lässt immer mehr nach, sonst weht mäßiger Wind aus Ost bis Nordwest. Tageshöchsttemperaturen zwischen 0 Grad im Waldviertel und plus 13 Grad in der Südsteiermark.