Der türkische Staatssender TRT veröffentlichte Dienstagabend Mitschnitte von einem Videocall zwischen dem türkischen Präsidenten Erdogan und den beiden Helden der Terrornacht. Bildmaterial gibt es von beiden Enden der Leitung, aus Ankara und Wien. Zuvor hatten die beiden türkischstämmigen Wiener, Recep Tayyip Gültekin und Mikail Özen, am Schwedenplatz mutigsten Einsatz gezeigt und "mitten im Gefecht" Opfern des Anschlags geholfen. Dabei hatten sie zuerst eine ältere Dame gerettet und anschließend einen "schwer getroffenen Polizisten" geschultert und zum Krankenwagen gebracht.
In einer Videobotschaft bedankte sich Mikail Özen bei allen, die sich um ihre Gesundheit sorgen, Gültekin wurde bei der Rettungsaktion selbst verletzt. Das Video schließt Özen mit einer starken Botschaft: "Wir türkisch-stämmige Muslime verabscheuen jegliche Art von Terror, wir stehen zu Österreich, wir stehen für Wien. Wir respektieren Österreich." Egal was zu welcher Uhrzeit passiere, "wir sind jederzeit zu Hilfe bereit".Lob gab es auch von Bürgermeister Ludwig und der türkischen Botschaft, die sie allesamt persönlich empfingen.
Videogrüße aus Ankara
Diese Geschehnisse blieben auch in der Türkei nicht unbemerkt, Präsident Erdogan nutzte die Heldentat der beiden Männer zur medienwirksamen Gratulation - womöglich nicht ganz uneigennützig. Der deutschsprachige Twitterkanal des türkischen Staatsfernsehens veröffentlichte ein Handyvideo, in dem die beiden Helfer mit Erdogan telefonieren. In einem auf Türkisch geführten Videocall "bedankt sich Erdogan bei den Helden des Wiener Attentats für die Zivilcourage", so TRT. Parallel zu den Bildern aus Wien veröffentlichte der öffentlich-rechtliche Sender auch ein Video, das Erdogan in Ankara beim Videotelefonat zeigt. "Ich küsse deine Augen", sagt Erdogan zu den beiden Männern, ein Ausdruck des Dankes.
Dann möchte der Vater von Gültekin mit dem nicht ganz zufälligen Vornamensvetter seines Sohnes sprechen: "Ich grüße Sie und spreche meine Hochachtung aus. Als Sie in Haft waren habe ich (meinen Sohn), Recep Tayyip, nach Ihnen benannt." Der angesprochene Sohn fährt fort: "Ich trage Ihren Namen mit großem Stolz."Das Video aus Ankara zeigt, unter anderem, einen anderen Teil des Videocalls, in dem Erdogan meint: "Helft weiter den Österreichern. Vielleicht können sie uns nicht verstehen, aber wir können sie verstehen."Die beiden Helden aus Wien kommen nun selbst immer mehr in die Kritik: Politisch-problematische Hintergründe und die Instrumentalisierung ihrer Person durch Erdogan, so lauten die Vorwürfe. Unlängst tauchten Anschuldigungen auf, sie seien türkische Nationalisten. Screenshots und Bilder, die derzeit im Internet kursieren, sollen sie gar mit Rechtsextremismus in Verbindung bringen. Wie das Volksblatt berichtete soll Gültekin nach dem Berliner Anschlag 2016 in einem Facebook-Posting bekundet haben, dass es ihm "überhaupt net leid" tue, was in Berlin passierte. Demgegenüber stehen Taten. Taten, die womöglich Menschenleben gerettet haben - unter Einsatz ihres eigenen Lebens.
Simon Rothschedl