Angesichts der drastisch steigenden Zahl der Corona-Infektionen im Großraum Madrid prüft die spanische Regierung Medienberichten zufolge, die Hauptstadt auch gegen den Willen der Regionalregierung weitgehend abzuriegeln. Dies werde dann unvermeidlich, wenn die Regionalregierung nicht einlenke und die Maßnahme selbst ergreife, berichteten die Zeitung "El País" und der Fernsehsender RTVE am Samstagabend unter Berufung auf Regierungskreise.
Das würden die Gesetze für den Fall einer akuten Gesundheitskrise erlauben. Ein Durchgreifen der linken Zentralregierung gegen die konservative Regionalregierung könnte allerdings den ohnehin sehr aggressiven Dauerstreit zwischen beiden Lagern noch einmal erheblich verschärfen. Eine offizielle Bestätigung der Pläne gab es zunächst nicht.
Die konservative Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso weigert sich bisher wegen der Folgen für die Wirtschaft, die Stadt weitgehend abzuriegeln. Am Freitag hatte sie deshalb entgegen des dringenden Rates der linken Zentralregierung nur acht weitere Gebiete der Stadt mit besonders hohen Corona-Werten unter eine Teilabriegelung gestellt. Bereits seit Montag galt diese Anordnung für 37 Gebiete. Gesundheitsexperten kritisieren diese bisher ergriffenen Maßnahmen als unzureichend und unwirksam.
Hotspot in Westeuropa
Die Infektionszahlen für Madrid sind extrem und haben die Stadt zum Zentrum der Corona-Pandemie in Westeuropa gemacht. Binnen 14 Tagen wurden nach Zahlen vom Freitag 721 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner registriert. Für ganz Spanien liegt dieser Wert bei 282, in Deutschland nur bei 13 auf sieben Tage gerechnet.
Spaniens Gesundheitsminister Salvador Illa hatte die Regionalregierung bereits am Freitag aufgerufen, effektivere Maßnahmen zu ergreifen. Am Samstag wiederholte er die Forderung mit mehr Nachdruck. "Die Lage in Madrid ist kompliziert und stellt ein ernsthaftes Risiko dar", warnte er. "Es kommen schwere Wochen auf uns zu. Dies ist ein epidemiologischer Kampf gegen das Virus, kein ideologischer", betonte der Sozialist.