Die meisten Demonstranten, die sich in Jerusalem und anderen Städten kurz vor dem wichtigsten jüdischen Feiertag, dem am Sonntag beginnenden Fest Jom Kippur, versammelten, trugen Masken und hielten Abstand. Die Polizei nahm fünf Menschen vorläufig fest, ihnen wurde Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen.
Zuvor hatte Benjamin Netanyahu die Proteste als "Brutstätten" des Virus bezeichnet. Am Freitag hatte die Regierung nach wiederholten Rekordzahlen von Infektionen die Lockdown-Maßnahmen in dem Land für zunächst rund zwei Wochen verschärft. Nur in Ausnahmefällen dürfen sich die Menschen weiter als einen Kilometer von ihrem Zuhause wegbewegen. Es gelten Versammlungsbeschränkungen. Am Freitag hatte die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit 8.315 einen Rekordwert erreicht. Seit März wurden 1.441 Todesfälle registriert.
Streit gab es noch über mögliche Einschränkungen des Demonstrationsrechts. Netanyahu hatte aus Sicht seiner Gegner versucht, die Sperrmaßnahmen mit Blick auf den Gesundheitsschutz auszuweiten, umso auch die wöchentlichen Proteste gegen sich zu verhindern. Er konnte neue Beschränkungen aber nicht rechtzeitig durch das Parlament bringen. Für zusätzlichen Ärger sorgt, dass es Gläubigen hingegen an Jom Kippur ermöglicht werden soll, unter bestimmten Bedingungen Synagogen zu besuchen.
Seit Juni finden wöchentlich samstags Proteste gegen den Regierungschef statt. Zu den Teilnehmern gehören viele, die hart von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie getroffen wurden. Netanyahu wird aber auch kritisiert, weil derzeit ein Korruptionsprozess gegen ihn läuft.
Präsident Reuven Rivlin rief dazu auf, an Jom Kippur der Corona-Toten in Israel zu gedenken. In einer Ansprache sagte das Staatsoberhaupt am Sonntag, er entzünde eine Kerze und widme den Verstorbenen ein Gebet.