Bei Kundgebungen gegen Polizeigewalt in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá sind mindestens elf Menschen getötet und hunderte verletzt worden. Die meisten Toten seien an Schussverletzungen gestorben, sagte die Bürgermeisterin von Bogotá, Claudia López, am Donnerstag (Ortszeit). Wegen des Todes eines Mannes nach einem Polizeieinsatz war es zuletzt immer wieder zu Protesten gekommen.

Seit Mittwoch waren in Bogotá und weiteren Städten hunderte Menschen auf die Straße gegangen. Auf Videos in den Online-Netzwerken waren verängstigte Demonstranten zu sehen, die während der Zusammenstöße vor Schüssen fliehen. Ein Mann wurde mit blutiger Kleidung davongetragen.

Nach Behördenangaben wurden bei den Zusammenstößen mit der Polizei mehr als 400 Menschen verletzt, darunter auch zahlreiche Polizisten. Bürgermeisterin López sagte, es gebe Hinweise auf den willkürlichen Einsatz von Schusswaffen durch Polizisten. 58 Menschen seien durch Schüsse verletzt worden. "Was für eine Ausbildung bekommen die, um so unverhältnismäßig gegen Proteste vorzugehen?", kritisierte López . Bei den Ausschreitungen wurden den Angaben zufolge 56 Polizeistationen beschädigt, mehr als hundert Menschen wurden festgenommen.

Ausgelöst wurden die Proteste durch den Tod des 43-jährigen Anwalts Javier Ordóñez. Der zweifache Vater war bei seiner Festnahme von Polizisten zu Boden gedrückt und mindestens fünf Mal mit einer Elektroschockwaffe getasert worden. Auf einem Video ist zu hören, wie Ordóñez mehrfach "Bitte aufhören" ruft. Anschließend sei er auf eine Wache gebracht worden, auf der Beamte ihn geschlagen haben sollen. Ordóñez starb später im Krankenhaus.

Die beiden beteiligten Polizisten kontrollierten Berichten zufolge die Einhaltung von Corona-Vorschriften und warfen dem 43-Jährigen sowie seinen Freunden vor, Alkohol auf der Straße zu trinken. Verteidigungsminister Holmes Trujillo sprach Ordóñez' Familie sein Beileid aus und versprach eine schnelle Aufklärung des Falls. Gegen zwei Polizisten wurden laut Trujillo disziplinarische und strafrechtlichen Untersuchungen eingeleitet.

Präsident Iván Duque bedauerte das Vorgehen der Polizisten und forderte "angemessene Sanktionen". Er wolle aufgrund "einzelner" Vorfälle jedoch nicht die Polizei "stigmatisieren". Bogotás Bürgermeisterin López sieht hingegen ein "strukturelles Problem von polizeilichem Fehlverhalten und Straflosigkeit".

Die kolumbianische Polizei sorgte in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen übertriebener Gewaltanwendung für Empörung. Im November 2019 wurde ein 18-jähriger Demonstrant durch Bleikugeln der Polizei tödlich am Kopf verletzt.