Der türkische Botschafter in Österreich, Ozan Ceyhun, hat sich über die Kritik der Bundesregierung an seinen angeblich christenfeindlichen Aussagen verletzt gezeigt. "Das hat mich beleidigt", sagte er im Gespräch mit der "Presse" (Freitagsausgabe). "In der Türkei würde niemand so mit einem österreichischen Botschafter umgehen."
Ende Mai war ein Video öffentlich geworden, wo Ceyhun bei einer Veranstaltung über das Weihnachtsfest sagt: "Die gehen in egoistischer Manier, ziehen sich in ihre vier Wände zurück und verteilen keine Geschenke, wie wir das tun." Daraufhin ließ Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) das Kultusamt die Veranstaltung prüfen. Dieses kam in seinem am gestrigen Mittwoch veröffentlichten Bericht zu dem Schluss, dass die Aussagen des Botschafters "gesellschaftspolitisch spaltend" seien, aber nicht gegen das Islamgesetz verstießen. Ceyhun gab sich in dem Interview "traurig": "Ich habe nicht erwartet, dass sich die österreichische Regierung einmischt, wenn ein türkischer Botschafter in Österreich zu türkischen Staatsbürgern spricht."
Ceyhun äußerte sich auch erneut zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen kurdischen Demonstranten und türkischen Nationalisten in der Vorwoche in Wien-Favoriten. Er betonte dabei, dass türkische Jugendliche von den Kundgebungsteilnehmern "provoziert" worden sein sollen: "Die türkischen Kids wurden aus dem Demo-Zug provoziert. So fing alles an." Außerdem habe es bei den Demos Bilder des in der Türkei seit Jahrzehnten inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan sowie Fahnen seiner Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gegeben. Die PKK und ihre Symbole sind in den EU-Ländern verboten.
Den von den türkischen Nationalisten bei den Demos verwendeten, in Österreich ebenfalls verbotenen "Wolfsgruß" (ein Handzeichen, das einen Wolfskopf symbolisiert) relativierte der Botschafter hingegen mit den Worten: "Einzelne Jugendliche machten den Gruß einfach nach. Graue Wölfe (türkische Rechtsextremisten, Anm.) waren gar nicht dort. Das weiß auch die Polizei."
Ceyhun war am Montag aufgrund der Aussagen offizieller Vertreter der Türkei zu den Demonstrationen in das Wiener Außenministerium eingeladen worden und hatte ein Gespräch mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) geführt. Dieser hatte die Türkei dazu aufgefordert, Demonstranten in Zukunft nicht mehr als Unterstützer von Terrororganisationen zu bezeichnen. Außerdem hatte der Minister die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in Österreich betont.
Der Botschafter deutete im Gespräch mit der "Presse" an, dass das harte Auftreten der österreichischen Regierung in der Angelegenheit auch mit dem Wien-Wahlkampf zu tun haben könnte: "Das Ganze hat sehr viel mit dem 11. Oktober zu tun, mit der Wahl in Wien."