Ein Polizeieinsatz bei einer der jüngsten Demonstrationen in den USA führt zu diplomatischen Spannungen mit Deutschland. Auslöser ist ein Vorfall in Minneapolis, bei dem mutmaßlich ein Gummimantelgeschoß auf ein Fernsehteam der Deutschen Welle abgefeuert wurde.
"Jede Gewaltausübung, die es in diesem Zusammenhang gibt, muss nicht nur kritisiert werden, sondern sie muss vor allen Dingen konsequent verfolgt und aufgeklärt werden, damit Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit auch effektiv geschützt werden", betonte Außenminister Heiko Maas.
Der Außenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, sprach von einem "Übergriff auf Journalisten, auch durch Teile der Polizei". Journalisten der Deutschen Welle seien wiederholt Opfer solcher Übergriffe gewesen. "Dies verurteilen wir scharf", unterstrich der CDU-Politiker.
Auf Bildmaterial der Deutschen Welle ist zu sehen, wie ihr Reporter Stefan Simons während einer Schaltung in Minneapolis von einem Knall unterbrochen wird. Nach Angaben des Senders feuerte die Polizei offenbar ein Gummimantelgeschoß auf Simons ab, das diesen aber verfehlte. Ein Team der Nachrichtenagentur Reuters wurde in Minneapolis durch solche Geschoße verletzt.
Maas nahm friedliche Demonstranten in Schutz, die gegen den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz protestieren. Floyd sei auf grauenhafte und schockierende Weise das Leben genommen worden und der friedliche Protest deshalb verständlich und mehr als legitim. Eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg forderte, "die Spirale der Gewalt zu beenden und wieder zum Dialog zu finden". Mit Blick auf Polizeiübergriffe auf Demonstranten fügte sie hinzu: "Demonstrations- und Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler einer Demokratie, die zu jeder Zeit gewahrt werden müssen."
Bereits am Montag hatte das Internationale Presse-Institut (IPI) von mehreren Polizeiübergriffen auf Medienvertreter berichtet. "Wir rufen die Polizei dringend auf, Reporter nicht mehr ins Visier zu nehmen und sie ihre Arbeit machen zu lassen", betonte IPI-Vizechef Scott Griffen. So habe eine Lokalreporterin in Minneapolis ihr Augenlicht verloren, als sie von einem Gummigeschoß der Polizei getroffen worden sei. Auch Teams aus Australien, Schweden und Norwegen seien von Schüssen bzw. Festnahmen betroffen gewesen. Videoaufnahmen belegten zudem, dass die Sicherheitskräfte bewusst gegen Journalisten vorgegangen seien. Ali Velshi vom Fernsehsender MSNBC berichtete, was passierte, nachdem Polizisten sein Team mit Gummigeschoßen beschossen hatten: "Wir streckten unsere Hände in die Höhe und riefen: 'Wir sind Medienleute!'. Sie antworteten: 'Das ist uns egal!' und eröffneten das zweite Mal das Feuer."
Der 46-jährige Floyd starb, nachdem ein weißer Polizist bei einem Einsatz am 25. Mai in Minneapolis fast neun Minuten lang auf seinem Hals gekniet hatte. Deshalb kommt es seit Tagen in vielen US-Städten zu Demonstrationen und teils auch Gewalt. US-Präsident Donald Trump hat von den Bundesstaaten ein schärferes Vorgehen gefordert und gedroht, das Militär zu schicken.