Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat sich am Mittwoch gegen eine Impfpflicht in Sachen Coronavirus ausgesprochen, diese werde es nicht geben. "Meine Erwartung und Hoffnung ist, dass die Krise so manifest da ist, dass das auf freiwilliger Ebene auch erreichbar ist", sagte der Gesundheitsminister bei einer Pressekonferenz.
Auch der Infektiologe Florian Thalhammer (MedUni Wien/AKH) befürwortete vielmehr, dass Menschen motiviert werden sollen, sich impfen zu lassen. Er verwies bei der Pressekonferenz außerdem darauf, dass es teilweise bereits jetzt schon eine Impfpflicht gibt, etwa für Personal in manchen Gesundheitseinrichtungen. "Ich halte das für extrem notwendig", sagte der Experte. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat sich am Mittwoch auf APA-Anfrage ebenfalls gegen eine Impfpflicht ausgesprochen: "Das sollte in der individuellen Entscheidung jedes und jeder Einzelnen liegen."
Während sich der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) eine Impfpflicht vorstellen kann ("die Gesundheit hat immer Vorrang und wie schnell sich dieses Virus wieder ausbreiten kann, sollte jedem bewusst sein"), hält sein Salzburger Amtskollege Wilfried Haslauer (ÖVP) nicht viel von einer Verpflichtung. "Eine Impfpflicht beurteile ich generell eher kritisch. Daher sollten Maßnahmen zur Aufklärung und zur Sensibilisierung der Eigenverantwortung forciert werden", erklärte Haslauer am Mittwoch auf Anfrage der APA. Im Wiener Rathaus hält man von einer Impfpflicht im Zusammenhang mit dem Coronavirus nicht viel. "Bevor man über Impfpflicht spricht, wäre es viel wichtiger die Service- und Qualitätsleistungen für das Impfen zu verbessern. Impfen ist nach wie vor Privatsache - es soll endlich eine Leistung der Krankenkasse werden", hieß es am Mittwoch aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Zuvor hatte der Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) aufhorchen lassen. Er befürwortet eine Impfpflicht dezidiert. "Wie viel Leid und welch schwerwiegende Folgen diese Krankheit ausgelöst hat, haben wir in den letzten Wochen sehen müssen. Ja ich bin daher für eine verpflichtende Impfung, sobald ein sicherer und ausreichend getesteter Impfstoff zugelassen wird", zitierte ihn am Dienstag das "profil" online. Auch Hans-Peter Doskozil (SPÖ) plädiert für eine Impflicht, sollte es auf freiwilliger Basis nicht funktionieren. Er sei "zuversichtlich, dass die Bereitschaft zur freiwilligen Impfung angesichts der Erfahrungen der letzten Wochen hoch sein wird", stellte Burgenlands Landeshauptmann am Mittwoch fest. "Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, ist auch eine Impfpflicht sinnvoll und notwendig - wenn ein wissenschaftlich ausreichend geprüfter und sicherer Impfstoff verfügbar ist."
Weltweite Diskussion
Auch Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat eine allgemeine Impfpflicht zum Schutz gegen das neuartige Coronavirus gefordert. Wenn künftig ein Serum gegen das Virus zur Verfügung stehe und sich manche Bürger dann der Impfung verweigerten, stellten sie ein hohes Risiko für ihre Mitbürger dar, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden könnten, warnte Montgomery. "Wir müssen deshalb möglichst viele Menschen impfen", sagte der Präsident des Weltärztebundes.
Eine Impfpflicht im Kampf gegen das Coronavirus soll es in Deutschland nach dem Willen des Berliner Kanzleramtes jedoch nicht geben. Vielmehr solle eine mögliche Impfung freiwillig sein, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Es wäre natürlich gut, "wenn sich viele impfen lassen - aber das entscheidet jeder selbst". "Wenn es den Impfstoff hoffentlich schnell gibt, kann jeder sich impfen lassen, wenn er das möchte", sagte Braun. "Wer das nicht will, muss das Risiko einer Infektion selbst tragen."
Bereits im April hat sich Italiens Vize-Gesundheitsminister Pierpaolo Sileri für eine Impfpflicht ausgesprochen. Demnach sei die Impfung der einzige konkrete Weg zum Ausmerzen des Coronavirus. "Angesichts der Schäden, die das Virus angerichtet hat, müsste die Impfung gegen Covid-19 Pflicht sein. Wenn einmal Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs garantiert sind, müssten alle geimpft werden, so dass sich niemand mehr anstecken kann", sagte der Vize-Gesundheitsminister, der selber am Coronavirus erkrankt und inzwischen genesen ist.
Walter Ricciardi, Mitglied der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Berater des italienischen Gesundheitsministeriums, sieht dagegen keine Notwendigkeit zur Einführung einer Impfpflicht. "Die Italiener haben die Angst vor der Krankheit persönlich erlebt und werden sich freiwillig impfen lassen", meinte Ricciardi. Seiner Ansicht nach sollten die Impfzentren in Italien gestärkt werden, da es zu einem Ansturm von Bürgern kommen werde, die sich impfen lassen wollen, sobald der Impfstoff verfügbar sei.