Die EU-Tourismusminister haben sich am heutigen Montag in einer Videokonferenz über die Folgen der Coronakrise für die Tourismuswirtschaft ausgetauscht. "In den nächsten Wochen wollen wir gemeinsam mit Partnerländern und der EU-Kommission Lösungen erarbeiten, wie der Sommertourismus behutsam wieder ermöglicht werden kann", berichtete Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Anschluss.
"Entscheidend dabei ist der ständige Blick auf die Infektionszahlen und die Evaluierung von Gesundheitsdaten", so die Ministerin. Österreich wolle in einem ersten Schritt die "Voraussetzungen für Urlaub im eigenen Land" schaffen. Köstinger erwartet "grundsätzlich noch längere Zeit starke Einschränkungen in der Reisefreiheit". Sie kann sich "in Zukunft zwischen benachbarten Mitgliedsstaaten, die im Kampf gegen das COVID-19-Virus eine ähnlich gute Entwicklung vorweisen können wie Österreich," Erleichterungen im Hinblick auf die Reisefreiheit vorstellen. Deutschland, aber auch Tschechien seien Beispiele für "solche positiven Entwicklungen".
Nach Angaben des tschechischen Außenministers Tomas Petricek können tschechische Touristen ab Juli oder sogar schon früher Österreich und die benachbarte Slowakei besuchen, wenn sich die Coronavirus-Pandemie in der Region günstig entwickle. Zudem glaube er an eine Rückkehr zu Schengen ab Juli, so Petricek am Montag laut tschechischer Nachrichtagentur CTK in einem Interview.
Auch Südtirol möchte Tempo machen. Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) kritisierte den von Ministerpräsident Giuseppe Conte mittels Dekret festgelegten Fahrplan für das Wiederhochfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Italien. "Es werden zwar einige Lockerungen in Aussicht gestellt, jedoch kommen diese zu spät und zu zaghaft", meinte Kompatscher am Montag.
Deutschland hatte hingegen zuletzt die Erwartungen an eine baldige Öffnung von europäischen Reisezielen für deutsche Touristen gedämpft. "Ein europäischer Wettlauf darum, wer touristische Reisen zuerst wieder zulässt, führt zu unvertretbaren Risiken", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) der "Bild am Sonntag" und verwies auf die Coronavirus-Infektionsfälle in Ischgl. "Was ein Infektionscluster in einem beliebten Urlaubsgebiet in den Heimatländern der Touristen anrichten kann, haben wir bereits erlebt."
Behutsames Hochfahren
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) stellte daraufhin klar, dass Österreich den Tourismus nur behutsam hochfahren werde. "Es ist allen bewusst, dass der Sommerurlaub heuer ganz anders sein wird als gewohnt. Grenzüberschreitender Tourismus wird nur vorsichtig und Schritt für Schritt wieder möglich sein", sagte Schallenberg der deutschen "Bild"-Zeitung (Montag-Ausgabe). Tourismus und Reisewirtschaft sind durch die Pandemie stark getroffen. Laut dem Tourismusministerium finden 50 Prozent des weltweiten Tourismus in der EU statt, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet einen Rückgang zwischen 45 und 70 Prozent in diesem Sektor.
Ministerin Köstinger brachte die Situation der "massiv betroffenen" österreichischen Reisebüros mit mehr als 10.000 Beschäftigten am Montag vor ihren Amtskollegen zur Sprache und forderte "eine gemeinsame europäische Lösung für den Reisesektor". "Die bestehenden Unionsregelungen müssen an die dramatisch betroffene Reisebranche angepasst werden", so Köstinger. Auf nationaler Ebene wurden laut dem Ministerium bereits mehrere Maßnahmen getroffen, wie unter anderem die Übernahmen von Haftungen und Garantien, mehr als 420 Mio. Euro für Kurzarbeit in Tourismusbetrieben, Steuerstundungen, ein Kreditmoratorium und Betriebskostenzuschüsse.
Seitens der EU-Kommission hieß es am Montag, eine Gruppe von EU-Kommissaren arbeite bereits an einem gemeinsamen Ansatz. Bei dem regulären Treffen der EU-Kommissare am Mittwoch solle das Thema erstmals behandelt werden. Der Sprecher verwies auch auf die bisher veröffentlichten Empfehlungen der EU-Behörde für die Rücknahme von Corona-Maßnahmen betreffend Mobilität und Verkehr. Für Herbst soll laut dem Tourismusministerium EU-Kommissar Thierry Breton einen Tourismus-Gipfel angekündigt haben.