Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) würdigte in einer Erklärung die Kraftanstrengung der Bevölkerung. Die Entwicklung der Zahlen sei "in Europa so gut wie einzigartig". Zum vierten Mal in Serie lag der tägliche Zuwachs in absoluten Zahlen nur mehr im zweistelligen Bereich, so die Auflistung des Gesundheitsministeriums. Demnach standen 52 Neuinfektionen 357 Neu-Genesenen gegenüber. Die Zahl der aktiv Erkrankten ist in Österreich neuerlich auf 3.087 Betroffenen gesunken. Der Zehn-Tages-Durchschnitt betrug 0,72 Prozent. Zum Vergleich: Der Wert lag in Großbritannien bei fünf, in Schweden bei 4,2, in der Schweiz bei 1,12 und in Deutschland bei 1,7 Prozent.

Kritikern, die bemängelten, dass die Maßnahmen übertrieben gewesen seien, riet Kurz in der Regierungserklärung, "den Grundregeln der Mathematik zu folgen". Wem das nicht möglich sei, der solle nach Italien, Frankreich oder Spanien schauen: "Dann sieht man schnell, wie die Situation wäre, wenn wir nicht gehandelt hätten."

Nach der Erklärung der Regierungsspitze legte die Opposition dennoch einiges an Kritik nach. Während die SPÖ mehr Einbindung verlangte und die Freiheitlichen das Beispiel Schweden zur Widerlegung der Alternativlosigkeit der Maßnahmen ins Treffen führten, kritisierten die NEOS abermals die fehlende Transparenz und beklagten die entstandene Unsicherheit unter den Unternehmern.

Aber nicht nur in Österreich war die Entwicklung gut: Ganz Westeuropa könnte nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Coronavirus-Ausbreitung über den Berg sein. "Bei den Epidemien in Westeuropa sehen wir Stabilität oder einen absteigenden Trend", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf.

Bei der Aufhebung von Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen, die die Ausbreitung des Virus erfolgreich verlangsamt hätten, sei aber Vorsicht geboten, warnte Tedros. "Epidemien können leicht wieder aufflammen", sagte er. Deshalb müssten neue Infektionen weiter unbedingt früh entdeckt, Infizierte isoliert und mit Infizierten in Kontakt gekommene Menschen weiter unter Quarantäne gestellt werden.

Der Stand der Entwicklung einer Impfung zeigt auch, dass die Krise wohl noch länger nicht vorbei sein wird. Frühestens Ende 2021 ist etwa nach Einschätzung von Roche-Chef Severin Schwan mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus zu rechnen. Üblicherweise dauere die Entwicklung Jahre, dämpfte der Chef des Schweizer Pharmariesen die Hoffnung auf eine rasche Verfügbarkeit einer Immunisierung gegen den Erreger der Covid-19-Pandemie. "Ich persönlich finde den geplanten Zeitrahmen von zwölf bis 18 Monaten angesichts der Herausforderungen ehrgeizig", sagte Schwan. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass vor Ende kommenden Jahres kein Impfstoff verfügbar sein dürfte.

In Wuhan häufen sich unterdessen die Fälle, in denen Covid-19-Patienten nach überstandener Erkrankung das Virus weiter in sich tragen. Sie gelten als mögliche Ansteckungsgefahr. Diese Menschen zeigten aber keine Krankheitssymptome, erklärten Ärzte der chinesischen Millionenmetropole, vor der aus sich die Pandemie im Dezember ausgebreitet hatte. Alle waren zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Therapie negativ getestet worden - das Virus konnte also nicht mehr nachgewiesen werden. Allerdings wurden sie später positiv getestet.

Nach Angaben der Ärzte wurde das Coronavirus in manchen Fällen 70 Tage nach der vermeintlichen Gesundung nachgewiesen, in anderen waren die Tests nach 50 bis 60 Tagen wieder positiv. Ärzte in Wuhan bezeichneten dieses Phänomen als größte Herausforderung in der neuen Phase des Kampfes gegen die Pandemie. Das Virus wurde auch in Südkorea bei angeblich geheilten Menschen nachgewiesen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO untersucht bereits Rückfälle von Covid-19-Patienten.

Durch die Corona-Pandemie sind in Europa mittlerweile bereits mindestens 110.000 Menschen ums Leben gekommen. Auf dem Kontinent starben 110.192 der 1.246.840 Menschen, bei denen eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus registriert wurde, wie Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP vom Mittwoch auf Grundlage von Behördenangaben ergaben. Weltweit wurden demnach bisher 177.368 Corona-Tote gemeldet. Die USA verzeichnen mit mehr als 45.000 die meisten Opfer. Es folgen Italien mit 24.648 Toten und Spanien mit 21.717.

Spanien strebt Lockerungen an

Spanien strebt dennoch eine Lockerung der strikten Ausgangsbeschränkungen ab der zweiten Mai-Hälfte an. Zwar soll der nationale Notstand noch bis 9. Mai verlängert werden, sagte Ministerpräsident Pedro Sanchez. Mit dem Überschreiten des Höhepunkts der Pandemie in Spanien sollten die Beschränkungen aber langsam und mit Bedacht gelockert werden. Die Regierung beugte sich außerdem dem Protest vieler Eltern, die nicht akzeptieren wollten, dass ihre Kinder auch weiterhin nur aus dem Haus dürfen, um Erwachsene beim Einkauf oder dem Gang zur Apotheke zu begleiten. Ab dem kommenden Wochenende dürfen Kinder unter 14 Jahren unter Aufsicht wieder ins Freie.

Großbritannien litt weiterhin schwer unter der Pandemie. Am Mittwoch wurden 759 weitere Corona-Tote binnen eines Tages gemeldet. Die Gesamtzahl der Todesfälle in Krankenhäusern infolge des neuartigen Coronavirus stieg damit auf 18.100, wie das britische Gesundheitsministerium mitteilte. Die Gesamtzahl der positiv auf das neuartige Coronavirus getesteten Menschen lag bei rund 133.500.

Die USA schotten sich wegen der Coronakrise indes weiter ab: Präsident Donald Trump will wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie die Einwanderung in die Vereinigen Staaten für mindestens 60 Tage großteils aussetzen und keine Green Cards mehr ausstellen. Er begründete dies am Dienstag damit, dass US-Bürger auf dem von der Krise schwer getroffenen Arbeitsmarkt bevorzugt zu behandeln seien.

Die USA sind das Land mit den meisten bestätigten Coronavirus-Fällen und -Todesopfern weltweit: Bisher wurden mehr als 820.000 Ansteckungen und etwa 45.000 Tote gezählt. Auch die ökonomischen Auswirkungen der Pandemie sind verheerend. Zur Stützung der Wirtschaft beschloss der US-Senat daher am Dienstag ein weiteres Corona-Hilfspaket mit einem Volumen von etwa 480 Milliarden Dollar (rund 442 Milliarden Euro).

Bisher wurden laut Innenministerium 14.925 Österreicher positiv getestet (Stand 9.30 Uhr). 510 Menschen sind mit oder an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die meisten Todesfälle sind in der Steiermark zu beklagen. 700 Corona-Patienten liegen im Krankenhaus, davon 176 auf der Intensivstationen. 11.328 haben sich bisher nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 wieder erholt.