Das Elevate-Festival, das gestern im Grazer Orpheum eröffnet wurde, steht heuer unter dem Motto „Human Nature“, thematisiert die Beziehung des Menschen zur Natur und hat dazu unter anderem zwei Gastrednerinnen aus Afrika eingeladen: Adenike Oladosu aus Nigeria und Elizabeth Wathuti aus Kenia. Beide eint ihr Engagement im Kampf gegen die Klimakrise und die Gewissheit, dass sie – sofern sich etwas ändern soll – das selbst in die Hand nehmen müssen.
Sie beide zählen – gemeinsam mit Vanessa Nakate – zu den bekanntesten Klimaaktivistinnen des afrikanischen Kontinents. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Kampf aufzunehmen?
Adenike Oladosu: Wir fordern eine lebenswerte Zukunft für uns und alle anderen auf unserem Planeten. Und wir sind – unabhängig voneinander – zu der Erkenntnis gelangt, dass wir handeln müssen, damit sich etwas bewegt.
Elizabeth Wathuti: Und wir sind unmittelbar von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen. In Kenia ist es um diese Jahreszeit normalerweise sehr trocken, doch dieses Jahr hat es viel geregnet. Die Bauern bei uns können sich nicht mehr auf den Kalender verlassen, wissen nicht mehr wann sie säen sollen. Die Ernährungssicherheit ist dadurch gefährdet. Kenia ist auf die eigene Landwirtschaft angewiesen. Andere Länder haben da mehr Möglichkeiten. Darüber hinaus leiden weite Teile des Landes unter der schlimmsten Heuschreckenplage seit 70 Jahren, dessen Ende noch nicht absehbar ist.
Ist die Lage in Nigeria ähnlich herausfordernd?
Oladosu: Wir haben auch mehrere Krisenherde im Land, die durch die Klimakrise ausgelöst oder verstärkt wurden. Die Kornkammer des Landes hat mit massiver Trockenheit zu kämpfen, die Wüste breitet sich aus. Fruchtbare Gebiete sind häufig umkämpft, das führt zu bewaffneten Konflikten.
Alle drei führenden Klimaaktivisten Afrikas sind weiblich, woran liegt das?
Oladosu: Ich denke, ein Grund ist, dass Frauen oft zu den ersten Opfern bei Konflikten gehören. Das ist bei klimainduzierten Konflikten nicht anders. Daher dürfen die beiden großen Bereiche der Klimagerechtigkeit und der Gleichberechtigung auch nicht getrennt voneinander behandelt werden. Frauen haben deshalb vielleicht auch ein feineres Sensorium für derartige Anliegen.
Wathuti: Mein Vorbild ist mit Wangari Maathai (kenianische Umweltaktivistin und erste afrikanische Nobelpreisträgerin, Anm.) auch eine Frau, die uns von der Wichtigkeit dieses Anliegens überzeugt hat. Vielen Menschen ist noch nicht klar, welche gravierenden Folgen die Zerstörung unserer Umwelt mit sich bringt. Wir sind uns dessen bewusst, haben diese Bereiche studiert und daher ist es unsere Pflicht, Bewusstsein zu schaffen und die Leute aufzurütteln. Wir haben gar keine andere Wahl. Schließlich geht es ja um unsere Zukunft. Das Schwierigste daran ist für mich, dass wir ein Problem lösen müssen, das wir gar nicht verursacht haben. Weder unsere Generation, noch unsere Länder. Afrika ist beispielsweise nur für rund vier Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.
Welche Erfahrungen haben Sie mit und welche Erwartungen haben Sie an Europa?
Oladosu: Wir erfahren viel Solidarität von Menschen aus Europa. Das macht uns Mut und das erfahren wir auch hier am Elevate wieder. Wir bekommen eine Plattform, um unsere Botschaften zu verbreiten und uns mit Menschen zu vernetzen, die ähnliche Anliegen haben.
Wathuti: Aber es ist auch klar, dass jeder seinen fairen Teil zur Lösung der Probleme beitragen muss. Auch die Industrienationen, wo man die Klimakrise vielleicht noch nicht so sehr spürt wie in anderen Teilen der Welt. Wir waren beide beim Klimagipfel in Madrid und das war ein enttäuschendes Erlebnis. Die politisch Verantwortlichen müssen endlich aufhören, uns anzulügen. Denn wir werden nicht aufhören, sie an ihre Verantwortung zu erinnern.
Am Samstag um zwölf Uhr gibt es im Rahmen des Elevate eine Veranstaltung im Forum Stadtpark, wo Sie beide zu Gast sind. Was erwartet die Besucher?
Wathuti: Wir sind eingeladen, um über den Klimawandel in unseren Ländern zu sprechen. Es wird viel darüber geredet, was künftig zu tun ist, um die Klimakrise zu bewältigen. Die Wahrheit ist aber, dass wir uns schon mitten in der Krise befinden und daher auch jetzt handeln müssen. Wir freuen uns auf offene Gespräche und ehrlichen Austausch am Samstag.
Matthias Reif