Der Stopp eines aus Italien kommenden Zuges am Brenner wegen zweier angeblicher Coronavirus-Verdachtsfälle an Bord hat am Sonntagabend gezeigt, wie angespannt die Situation auch in Österreich schon ist. Denn zwei deutsche Frauen mit Fiebersymptomen hatten den Zug schon in Verona verlassen, ein negatives Testergebnis lag am Abend ebenfalls bereits vor. Dennoch wurde der Bahnverkehr am Brenner auf Anweisung der Tiroler Landeswarnzentrale für vier Stunden eingestellt.
500 Passagiere saßen am späten Sonntagabend auf dem italienischen Grenzbahnhof am Brenner in zwei Personenzügen zeitweilig fest. Um 23.30 ging die Reise weiter, teilte die italienische Bahn mit. Kurz davor hatte das Innenministerium Entwarnung gegeben. „Die beiden coronaverdächtigen Personen wurden negativ getestet. Der Zug fährt daher in Kürze weiter“, teilte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer Stellungnahme mit.
Bei allen Passagieren, die in Österreich aussteigen, sollten Identitätsfeststellungen vorgenommen werden, so das Innenministerium. In München durften die Passagiere bei der Ankunft hingegen unkontrolliert den Bahnhof verlassen.. „Alle Behörden haben in diesem Fall rasch und mit hoher Vorsicht gehandelt. Die Meldekette hat unverzüglich funktioniert“, so Nehammer.
Grenzkontrollen "derzeit nicht erforderlich"
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) meinte in der ORF-Sendung "Zeit im Bild 2" Grenzkontrollen gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus seien "derzeit nicht erforderlich. Aber wir sind sehr, sehr in Sorge, wir sind vorsichtig und aufmerksam und werden morgen den Sachverhalt noch einmal mit allen Experten überprüfen", verwies er auf den für Montag angesetzten Einsatzstab.
Man könne derzeit nicht prognostizieren, wie sich die Lage bei der vom Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Epidemie entwickeln werde, in etwa drei Wochen werde man womöglich wissen, ob es zu einer globalen Ausbreitung kommt. "Die Gesundheitsbehörden tun alles, damit das nicht der Fall ist", betonte Anschober. Er verwies auf den "hervorragend" aufgestellten österreichischen Gesundheitsbereich und die gute internationale Vernetzung der Behörden. Sollte es bei Verdachtsfällen Spuren nach Österreich geben, werde dies umgehend gemeldet und untersucht.
Behörden reagierten panisch
Der Zug aus Italien war am Brenner vor der Staatsgrenze angehalten worden, weil gemeldet worden war, dass sich zwei Personen mit Verdacht auf den Coronavirus im Zug befänden – oder befunden hätten. Nach der Meldung von zwei Personen mit Fiebersymptomen durch die italienische Bahn informierte die ÖBB das Einsatz- und Koordinierungscenter des Innenministeriums. Der zuständige Bezirkshauptmann aus dem Bezirk Innsbruck-Land stoppte daraufhin den Zug per Bescheid. Zudem stellte die Tiroler Landeswarnzentrale den Personenzugverkehr von Italien über den Brenner vorerst ein, wie die ÖBB mitteilten.
Auslöser der ganzen Aufregung war der Eurocity 86 gewesen. Der Zug war am Sonntagnachmittag Venedig abgefahren und hatte in Verona gehalten, nachdem zwei deutsche Fahrgäste mit Fiebersymptomen und schwerem Husten aufgefallen waren. Die beiden Frauen wurden daraufhin in einem Krankenhaus in Verona auf den Coronavirus untersucht, der Test war jedoch negativ. Der Zug fuhr daraufhin weiter, wurde jedoch am Brenner erneut gestoppt. Auch ein weiterer Zug, der vom Brenner hätte abfahren sollen, konnte die Reise zunächst nicht antreten, berichtete die Polizei.
Unmut in Italien
Der Beschluss, die Züge zu stoppen, hatte am Sonntag Unmut unter den italienischen Behörden ausgelöst. Es gebe keinen Grund dafür, da kein Coronavirus-Verdachtsfall an Bord bestätigt worden sei, hieß es. Die beiden deutschen Passagierinnen mit Fiebersymptomen lägen im Krankenhaus von Verona, es gebe jedoch keine Hinweise einer Coronavirus-Erkrankung.
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