Sturmtief "Sabine" hat am Montag für Behinderungen in Teilen Europas gesorgt. In Skandinavien gab es ein Todesopfer. In Deutschland hat der Orkan den Verkehr schwer getroffen, aber vergleichsweise leichte Schäden angerichtet. In Frankreich waren Zehntausende Haushalte ohne Strom, in der Schweiz blieben Schulen geschlossen. In Österreichwaren die Sturm-Höhepunkte in den Mittagsstunden zu erwarten.
Einen schweren Unfall gab es auf einem See in der schwedischen Gemeinde Svenljunga: Hier kenterten am Sonntag zwei Angler mit ihrem Boot - einer starb, nach dem anderen wurde am Montag noch gesucht.
Rekordwerte in Bayern in tiefen Lagen
In Bayern hat "Sabine" in tiefen Lagen Rekordwerte erreicht. Bei Fürstenzell (Landkreis Passau) wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) 154 Stundenkilometer gemessen. "Das ist in solchen Tieflagen eine absolute Spitze", sagte der Meteorologe vom Dienst, am Montag.
"Sabine" komme zumindest in Bayern ziemlich nahe an den Sturm "Kyrill" heran, der im Jänner 2007 schwere Schäden verursacht hatte, sagte der Meteorologe. Damals waren im Flachland in Bayern 144 Stundenkilometer und auf der Zugspitze knapp über 180 km/h gemessen worden.
Am späten Nachmittag schwächte sich der Sturm ab. Der Fernverkehr der Deutschen Bahn (DB) ist am Nachmittag auch in Bayern wieder freigegeben worden. Der Zugverkehr könne mit Einschränkungen schrittweise wieder anlaufen, berichtete die Bahn.
Zahlreiche Schäden
In Deutschland bekamen es die Einsatzkräfte in den meisten Fällen mit umgestürzten Bäumen zu tun. Vor allem in Nordrhein-Westfalen wurden Menschen von umstürzenden Bäumen oder herumfliegenden Gegenständen verletzt. In Frankfurt am Main knickte ein Baukran ab, sein Ausleger krachte in das Dach des Doms. In Bayern waren Zehntausende Menschen über Stunden ohne Strom, nachdem Äste auf Leitungen gestürzt waren.
Für Bayern und Baden-Württemberg galt am frühen Vormittag noch die zweithöchste Unwetterwarnstufe, für einige Regionen sogar die höchste. Hier war weiterhin "extremes Unwetter" zu erwarten.
Kurioser Zwischenfall
Der Sturm hat einen Anhänger eines Lastwagens auf der Autobahn 3 in der Oberpfalz umgekippt - und ihn kurze Zeit später wieder aufgerichtet. "Der Abschleppdienst war gerade vor Ort, da hat sich das Wetter wohl gedacht: Wir richten den Anhänger selbst wieder auf", sagte ein Sprecher der Polizei am Montag.
Eine Windböe habe den Anhänger zunächst auf die Leitschiene zwischen den Fahrbahnen geweht. "Er hing komisch in der Luft und drohte auf die Gegenfahrbahn zu kippen." Doch als der Abschleppdienst eintraf, erwischte eine Böe aus entgegengesetzter Richtung den Anhänger und richtete ihn wieder auf. "Als wäre nichts passiert, konnte der Fahrer wieder in seinen Lkw einsteigen und losfahren", hieß es weiter.
Verkehrsbehinderungen, Flugausfälle in Deutschland
Auf den Schienen in Deutschland ging zum Start in Arbeitswoche kaum etwas: Der Fernverkehr sollte bis mindestens 10.00 Uhr stillstehen, die Deutsche Bahn erwartete Störungen noch den ganzen Montag über. Auch der regionale Bahnverkehr stand in vielen Bundesländern flächendeckend still. Die Bahn schickte nach der Sturmnacht Einsatztrupps mit Räumgerät und Kettensägen auf die Strecken.
An den Flughäfen fielen Hunderte Starts und Landungen aus, hier war vor allem der Münchner Airport betroffen. Die Fluggesellschaft Eurowings kündigte an, den Flugbetrieb ab 10.00 Uhr schrittweise wieder aufzunehmen. Vergleichsweise entspannt war die Lage auf Autobahnen. Etliche Städte ließen den Unterricht an ihren Schulen ausfallen.
In vielen Regionen hielten sich die Schäden in Grenzen. In Solingen klang das Aufatmen in einer Pressemitteilung der Stadt so: "Sabine war wohl doch nur ein Sabinchen."
"Sabine" wütet in vielen Teilen Europas
In Polen hat "Sabine" zwei Menschenleben gefordert: Eine Frau und ihre Tochter wurden auf einem Parkplatz von herabfallenden Dachteilen erschlagen. Zwei weitere Menschen, eine Frau und ein Bub, seien bei dem Unglück in dem Skiressort Bukowina Tatrzanska im Süden des Landes verletzt worden. Sie wurden mit leichteren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Die Dachteile fielen von einem Gebäude, in dem ein Skiverleih eingerichtet ist. Bukowina Tatrzanska ist ein beliebtes Ziel für den Skisport und Ausgangspunkt für Wanderungen in der Hohen Tatra, einem Teilgebirge der Karpaten an der Grenze zur Slowakei.
In Frankreich hat das Sturmtief zu Stromausfällen und Verkehrsbehinderungen geführt. In Paris stürzte ein Mann von einem Tretroller und starb an den Folgen seiner Kopfverletzung. Die Polizei schloss nicht aus, dass eine Windböe die Ursache für den Unfall war.
Rund 130.000 Haushalte waren am Montag ohne Strom, wie der Netzbetreiber Enedis mitteilte. Am stärksten betroffen waren demnach der Norden und Osten Frankreichs.
Der Zugverkehr in Frankreich war "stark gestört", wie die Bahngesellschaft SNCF mitteilte. Bei TGV-Schnellzügen kam es zu Verspätungen, viele Regionalzüge verkehrten nicht. An den beiden Pariser Flughäfen wurden rund 50 Flüge gestrichen. Auch an Regionalflughäfen wie Basel-Mülhausen und Straßburg im Elsass kam es zu Ausfällen und Verspätungen.
Besonders in Ostfrankreich rückte die Feuerwehr zu hunderten Noteinsätzen aus. Dort knickten Strommasten um, Dächer wurden abgedeckt und umgestürzte Bäume versperrten Straßen. Es wurden Windböen von bis zu 200 Stundenkilometern gemessen.
In der Schweiz blieben wegen "Sabine" ebenfalls einige Schulen geschlossen. In der Zentralschweiz legte der Sturm Züge und Bergbahnen lahm.
In Tschechien waren rund 100.000 Haushalte ohne Elektrizität, weil Stromleitungen durch umstürzende Bäume beschädigt wurden, wie Energieversorger mitteilten. Die Feuerwehren waren im Dauereinsatz, um Straßen freizuräumen und Dächer zu sichern - innerhalb einer Stunde wurden landesweit mehr als 250 Einsätze gezählt. Im südböhmischen Bezirk Prachatice (Prachatitz) wurde ein Mensch leicht verletzt, als ein Baum auf ein Auto krachte. Im Bahnverkehr kam es zu zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen.
Der Orkan erreichte auf der 1.603 Meter hohen Schneekoppe (Snezka) im Riesengebirge eine Spitzengeschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde. Der staatliche Wetterdienst CHMU hatte die höchste Warnstufe für Unwetter ausgerufen. Zahlreiche Schulen, öffentliche Parks und Zoologische Gärten blieben als Vorsichtsmaßnahme geschlossen.
In Norwegen und Schweden wurden sowohl am Sonntag als auch am Montag zahlreiche Flüge gestrichen. Fähren blieben im Hafen und Zugverbindungen wurden eingestellt. Auch die Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden war wegen starken Windes bis Mitternacht gesperrt. An der dänischen und an der norwegischen Westküste fürchtet man nun Überschwemmungen. Für Montagabend warnte das Dänische Meteorologische Institut vor Wasserständen bis zu 3,5 Meter über normal.
Etliche Sturm-Schäden wurden auch aus Belgien gemeldet. Verletzt wurde nach ersten Medienberichten niemand, als vielerorts im Land Bäume und Baugerüste umstürzten. In Brüssel löste der Wind Teile einer Leichtbaufassade, die vom sechsten und siebenten Obergeschoss auf die Straße fielen. Auch etliche Dächer deckte der Sturm ab. Bahnen fuhren auf vielen Strecken verspätet oder eingeschränkt. Im Hafen von Antwerpen kippten aufeinandergestapelte Container um. In Blankenberge an der Küste wurden Windgeschwindigkeiten bis 120 Kilometer pro Stunde gemessen, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga meldete.
Nach dem schweren Sturm mit erheblichen Schäden machten Schnee und Eis Großbritannien zu schaffen. Vor allem der Norden Englands und Schottland seien betroffen, teilten Meteorologen am Montag mit. Es wird weiter mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im Bahn- und Flugverkehr sowie auf Straßen gerechnet. Mehr als 20.000 Haushalte waren in der Nacht auf Montag vom Strom abgeschnitten.
In einigen Regionen hatte der Orkan innerhalb von 24 Stunden so viel Regen gebracht wie sonst in eineinhalb Monaten fällt. Überschwemmungen und umgestürzte Bäume behinderten am Montag weiterhin erheblich den Verkehr auf Straßen und Bahngleisen.