Ein Problem mit einer Gleisweiche könnte das schwere Zugsunglück unweit von Mailand verursacht haben, bei dem am Donnerstag zwei Lokführer ums Leben gekommen sind und 31 weitere Personen verletzt wurden. Bei einer Geschwindigkeit von 290 Stundenkilometer entgleisten die Lokomotive und ein anderer Waggon auf einer Strecke, auf der Instandhaltungsarbeiten im Gange waren.
Wie der für die Ermittlungen zuständige Staatsanwalt der lombardischen Stadt Lodi, Domenico Chiaro, bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag erklärte, entgleiste zunächst gegen 05.30 Uhr der Triebwagen. Ein weiterer Waggon sprang aus den Gleisen und kippte um. An Bord der Lokomotive und des entgleisten Waggons befanden sich insgesamt 33 Personen, darunter 28 Passagiere.
An der Unfallstelle in der Nähe von Casal Pusterlengo südöstlich von Mailand lagen Trümmer weit verstreut. Circa 100 Rettungskräfte waren im Einsatz. Die Möglichkeit, dass das Unglück auf einen terroristischen Anschlag zurückzuführen sei, schloss der Staatsanwalt aus. Die italienische Bahnnetzgesellschaft RFI leitete eine eigene Untersuchung über den Zugsunglück ein.
Bei den Opfern handelt es sich um zwei erfahrene Lokführer aus Süditalien. Ein weiterer Bahnmitarbeiter wurde mit Frakturen ins Spital eingeliefert. Alle anderen Passagiere waren nur leicht verletzt. "Es ist ein Wunder, dass wir noch am Leben sind", erklärte eine 30-jährige Passagieren. "Wären andere Waggons entgleist, wäre es zu einem Blutbad gekommen", kommentierte der Polizeichef der lombardischen Stadt Lodi, Marcello Cardona.
Der Hochgeschwindigkeitszug "Frecciarossa" der italienischen Staatsbahnen (FS) war vom Mailänder Hauptbahnhof in Richtung der süditalienischen Stadt Salerno abgefahren. Wegen des Unfalls wurde die stark befahrene Hochgeschwindigkeitsstrecke Mailand-Bologna in beiden Richtungen gesperrt, was zu erheblichen Probleme im Bahnverkehr im norditalienischen Raum führte. Mindestens zwei Tage lang wird es noch dauern, bis die Bahnlinie wieder befahren werden kann. Es handelt sich um das erste Zugsunglück auf der stark befahrenen italienischen Hochgeschwindigkeitsstrecke in den letzten 15 Jahren.
Verkehrsministerin Paola De Micheli besuchte den Unfallort. Premier Giuseppe Conte und Staatschef Sergio Mattarella kondolierten den Familien der Opfer. Conte sagte, die Sicherheit im öffentlichen Verkehrswesen sei eine Priorität seiner Regierung. Die italienischen Bahngewerkschaften kündigten am morgigen Freitag einen zweistündigen Streik an. Damit forderten sie mehr Sicherheit auf dem italienischen Bahnnetz.
Im Jänner 2018 waren beim Entgleisen eines Pendlerzugs vor den Toren Mailands drei Menschen ums Leben gekommen. Zehn Personen wurden schwer verletzt. Die Garnitur der lombardischen Bahngesellschaft Trenord war bei der Ortschaft Pioltello östlich von Mailand mit 350 Personen an Bord entgleist.