Angesichts der rasanten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus aus China hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstagabend den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Mit bald 10.000 Patienten allein auf dem chinesischen Festland und mehr als hundert Infektionsfällen in rund 20 weiteren Staaten liegt die Zahl der Infizierten bereits höher als bei der SARS-Epidemie 2002 und 2003.

Wie gefährlich aber ist das Virus tatsächlich? Selbst wenn Experten davon ausgehen, dass sich in Wahrheit schon Zehntausende in China mit dem Erreger 2019-nCoV angesteckt haben, ist die Zahl im Verhältnis zu Chinas 1,4 Milliarden Einwohnern noch überschaubar.

Die genaue Sterblichkeitsrate von 2019-nCoV lässt sich derzeit nicht zuverlässig beziffern. Bisher liegt sie nach Angaben des WHO-Experten Michael Ryan bei rund zwei Prozent der nachgewiesenen Infizierten. Da die Zahl der Infizierten proportional jedoch rascher steigt als die Zahl der Toten, könnte die Sterblichkeitsrate weiter sinken.

Damit scheint 2019-nCoV deutlich weniger gefährlich zu sein als die ebenfalls durch Coronaviren ausgelösten Krankheiten SARS und MERS. An SARS (Severe acute respiratory syndrome) erkrankten in den Jahren 2002/2003 nach offiziellen Angaben 8.096 Menschen. 774 von ihnen starben, die meisten in Festland-China und Hongkong. Die Sterberate betrug 9,5 Prozent.

Sterblichkeitsraten

An MERS (Middle East respiratory syndrome coronavirus) erkrankten seit September 2012 insgesamt 2.494 Menschen, 858 von ihnen starben. Damit liegt die Sterberate bei diesem Virus bei 34,5 Prozent.

Noch viel häufiger als SARS, MERS und 2019-nCoV sind Infektionen mit dem Influenza-Virus, die tödlich enden können. Allein in Deutschland mit seinen rund 80 Millionen Einwohnern erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts pro Saison zwei bis 14 Millionen Menschen an der Grippe.

Die schlimmste Grippewelle in Deutschland der vergangenen Jahre gab es demnach 2017/18 mit geschätzt 25.100 Todesfällen. Weltweit sterben WHO-Schätzungen zufolge zwischen 290.000 und 650.000 Menschen an der saisonalen Grippe.

Die Symptome:

Nach einer Analyse der ersten 99 Fälle in der Fachzeitschrift "The Lancet" litten alle Patienten an einer Lungenentzündung. Die meisten hatten Fieber und Husten, ein Drittel klagte über Atembeschwerden. Das Durchschnittsalter der 99 Patienten lag bei 55 Jahren; zwei Drittel waren Männer, und die Hälfte litt an chronischen Vorerkrankungen wie etwa Diabetes oder Herzkreislaufproblemen.

Nach den Worten von Michael Ryan kann aber auch ein "verhältnismäßig wenig aggressives Virus große Schäden anrichten, wenn sich viele Menschen anstecken". Sorge bereitet den Gesundheitsexperten zudem, dass sich das Virus in Afrika oder anderen Ländern mit schlechter Gesundheitsversorgung ausbreiten und dort zu massiven Epidemien führen können.

Unsicherheitsfaktoren:

Bei 2019-nCoV gibt es aber einige Faktoren, welche die Eindämmung des Virus behindern. So ist der genaue Übertragungsweg noch unbekannt. Unterschiedlichen Studien zufolge könnten Schlangen oder Fledermäuse die Überträger sein. Hinzu kommt die Mensch-zu-Mensch-Übertragung, wie sie auch bei dem Fall in Deutschland vorliegt.

Das Risiko einer Ausbreitung erhöht sich auch dadurch, dass das Virus chinesischen Behördenangaben zufolge schon während seiner bis zu zwei Wochen dauernden Inkubationszeit übertragen werden kann - also noch bevor ein Infizierter Symptome aufweist. Allerdings basieren die Angaben bisher nur auf einigen Beobachtungen - eine wissenschaftliche Bestätigung gibt es bisher nicht.

Erschwerend kam hinzu, dass das Virus während des massiven Reiseverkehrs in der Volksrepublik anlässlich des chinesischen Neujahrsfests am vergangenen Samstag auftrat. Nach Angaben des Bürgermeisters von Wuhan, von wo das Virus seinen Ausgang nahm, hatten fünf der elf Millionen Einwohner dort zum Neujahrsfest die Stadt verlassen und konnten den neuen Erreger so in andere Teile des Landes tragen.

Experten und Behörden warnen überdies, dass Coronaviren wie 2019-nCoV leicht mutieren und so womöglich noch leichter übertragen werden oder noch aggressiver wirken könnten. Die US-Behörde für Seuchenkontrolle (CDC) teilte am vergangenen Montag (Ortszeit) allerdings nach einem Vergleich der Gensequenz der ersten 2019-nCoV-Proben mit neueren Fällen mit, dass das Virus bisher offenbar nicht mutiert sei.