Die italienischen Katholiken müssen sich an eine neue Version des "Vaterunser" gewöhnen. Die Neufassung des Gebetes sieht vor, dass die sechste Bitte "Führe uns nicht in Versuchung" von der Formulierung "Lass uns nicht in Versuchung geraten" abgelöst wird. Die neue Übersetzung sei näher am Sinn des griechischen Originals, verlautete es aus dem Vatikan.
Die Neufassung des Gebets soll nach Ostern eingeführt werden, in der Messliturgie soll sie ab Beginn des nächsten Kirchenjahres am 29. November 2020 (1. Adventsonntag) zum Einsatz kommen. Beschlossen hatte Italiens Bischofskonferenz CEI die Änderung bereits auf ihrer Vollversammlung im Herbst 2019, in diesem Jahr wird die Reform nun umgesetzt. Dem Beschluss der italienische Bischofskonferenz über das neue Messbuch ging eine mehr als 16-jährige Übersetzungsarbeit voraus. Dabei bemühten Bischöfe und Experten sich um theologische und stilistische Verbesserungen.
Papst Franziskus hatte sich im Dezember 2017 in eine theologische Debatte zum Vaterunser eingeschaltet. Er hatte in einem Fernsehinterview Zweifel an der Übersetzung "Führe uns nicht in Versuchung" geäußert. Es sei nicht Gott, der den Menschen in Versuchung stürze, um zu sehen, wie er falle. Dies tue Satan, nicht ein Vater, so der Papst.
Dass die Änderung die Gewohnheiten der Gläubigen in Italien stören wird, glaubt der Erzbischof von Chieti-Vasto Bruno Forte nicht. Im Interview mit Radio Vatikan betonte der Theologe, er sehe "keine größeren Probleme" voraus. Auch die Franzosen hätten bereits die Vaterunser-Bitte umformuliert. Keinen Änderungsbedarf sehen dagegen die Bischofskonferenzen im deutschsprachigen Raum.
Das Vaterunser ist das am weitesten verbreitete Gebet des Christentums und das einzige, das nach dem Neuen Testament Jesus Christus selbst seine Jünger gelehrt hat. Es wird von Christen aller Konfessionen gebetet, von den meisten auch im Gottesdienst.