Nach dem Ausbruch der Lungenkrankheit in China ist nun in den USA ein erster Fall bestätigt worden. Bei einem Patienten in Seattle (Washington) wurde das neue Coronavirus diagnostiziert, berichtete ein Sprecher der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC. Es handle sich um einen Reisenden aus China.
In China ist die Zahl der bestätigten Fälle auf 308 gestiegen. Darunter entfallen 270 Infektionen allein auf die Provinz Hubei mit der Metropole Wuhan, wo das neuartige Virus seinen Ausgang genommen hatte. Wie das chinesische Staatsfernsehen am Dienstag berichtete, ist in der Südprovinz Guangdong bei weiteren 14 Patienten das Virus festgestellt worden.
In Shanghai gibt es sechs Fälle und in Peking fünf. In der Provinz Zhejiang und der Metropole Chongqing sind es ebenfalls jeweils fünf Infektionen. Zwei wurden aus der Stadt Tianjin gemeldet, einer aus der Provinz Henan. Nach dem Anstieg der Patientenzahl in China halten Experten auch vereinzelte Einschleppungen der neuen Lungenkrankheit nach Europa für immer wahrscheinlicher. Es sei etwa nicht auszuschließen, dass eine erkrankte Person nach Deutschland reise, sagte Lars Schaade, Vizepräsident des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Sorgen müsse man sich in Deutschland aber nicht machen.
"Müssen mit mehr Fällen rechnen"
"Wir müssen in den kommenden Tagen mit mehr Fällen in anderen Teilen Chinas und möglicherweise auch in anderen Ländern rechnen", erklärte der Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tarik Jasarevic, am Dienstag in Genf. Ungewöhnlich sei das nicht: "Wenn man die Überwachung ausweitet, ist es auch wahrscheinlich, dass man mehr Fälle entdeckt." Die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan meldete weitere Tote durch das neuartige Coronavirus. Insgesamt sind nun sechs Todesfälle bestätigt, zumeist betrafen sie ältere Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Zudem wurden am Dienstag Dutzende weitere Infektionen gemeldet. Damit gibt es nun in China mehr als 300 bestätigte Fälle seit Beginn des Ausbruchs im Dezember.
Nachweise gibt es zudem in Taiwan, Thailand, Japan und Südkorea - in allen Fällen erkrankten Menschen, die zuvor in Wuhan waren. "Wir müssen uns in Deutschland darauf vorbereiten, dass es zumindest in Einzelfällen auch zu Einschleppungen der Erkrankung kommt", sagte der Berliner Virusforscher Christian Drosten. "Kliniken müssen dann darauf vorbereitet sein, die Patienten zu isolieren."
Das Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung in Deutschland wird vom zuständigen RKI derzeit als "sehr gering" eingestuft. Zwar könne es einzelne Fälle von Importen geben, fortgesetzte Infektionsketten - also anschließende Übertragungen von Mensch zu Mensch - seien nach derzeitigem Stand aber unwahrscheinlich, so RKI-Vizepräsident Schaade. Auch beim MERS-Coronavirus seien vereinzelt Infizierte nach Deutschland gekommen, ohne dass es daraufhin in Deutschland zu weiteren Übertragungen gekommen sei.
Asiatische Nachbarn und Flughäfen in anderen Ländern wie den USA und Australien haben inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt. Das italienische Gesundheitsministerium kündigte an, Verdachtsfälle an Bord in Rom landender Flugzeuge aus Wuhan künftig zu überprüfen. Piloten sollen demnach Passagiere mit entsprechenden Symptomen melden. Diese würden dann sofort in das nationale Institut für Infektionskrankheiten in Rom gebracht, hieß es.
Weder in Deutschland noch in Österreich gibt es derzeit spezielle Maßnahmen in Flughäfen. Vom Robert Koch-Institut hieß es, es gebe ohnehin keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit sogenannter Entry Screenings an Flughäfen, also Kontrollen bei der Einreise. Sinnvoll seien aber Exit Screenings in von einer Erkrankungswelle besonders betroffenen Gebieten. Die Elf-Millionen-Metropole Wuhan hat entsprechende Kontrollen bei der Ausreise bereits eingeführt.
WHO beruft Notfallausschuss ein
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der Lungenkrankheit ihren Notfallausschuss einberufen. Die Experten sollten am Mittwoch beraten. Sollte die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand ausrufen, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können unter anderem Grenzkontrollen und das Einrichten spezialisierter Behandlungszentren gehören.
Derzeit empfiehlt die WHO keinerlei Reise- oder Handelsbeschränkungen. "Auf Grundlage der vorhandenen Informationen gibt es keine Rechtfertigung für Beschränkungen von Reisen oder Handel", sagte der Sprecher. "Sollte die Situation eskalieren, könnte die WHO sich zu den Risiken von Reisen in betroffene Gegenden äußern."
Auch die EU-Kommission plant zur Bewertung der Risiken durch die neue Lungenkrankheit ein Treffen. Nach Angaben eines Sprechers soll der Ausschuss für Gesundheitssicherheit am Donnerstag zusammenkommen. Bereits vergangenen Freitag habe es einen Austausch der EU-Staaten gegeben, bei dem über mögliche Reaktionen auf das Coronavirus beraten worden sei.