Die Zahl der bestätigten Fälle der neuen Coronavirus-Pneumonie in China ist am Montag sprunghaft auf rund 220 gestiegen. Ein weiterer Patient starb. Damit sind bisher drei Todesfälle bekannt, wie die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan am Montag berichtete. Dort hatte der Ausbruch begonnen.
Erstmals wurden Infektionen mit dem Coronavirus (2019-nCoV) an mehreren anderen Orten in China nachgewiesen. Experten befürchten, dass der vermutlich von einem Tier übergesprungene Erreger anders als anfangs angenommen auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung sei zu bejahen, sagte nach Angaben des staatlichen chinesischen Fernsehsender CCTV am Montag Zhong Nanshan, der für die nationale Gesundheitskommission arbeitet. Er hatte unter anderem 2003 daran mitgewirkt, das ganze Ausmaß der Sars-Epidemie bekannt zu machen.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping schaltete sich erstmals in die Gesundheitskrise ein und gab Anweisung, die Ausbreitung der Krankheit energisch einzudämmen. Die Sicherheit der Menschen und ihre körperliche Gesundheit habe "absoluten Vorrang", zitierte ihn das chinesische Staatsfernsehen. Außer in der Stadt Wuhan, wo es 198 bestätigte Fälle gibt, wurde von 14 Patienten in der Südprovinz Guangdong sowie fünf in Peking im Norden und einer in Shanghai berichtet. Außerdem wurden sechs Verdachtsfälle in mehreren anderen Städten gemeldet.
Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine Sars-Variante handelt. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8.000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.
Nach von Landesbehörden gemeldeten Fällen in Thailand und Japan gilt inzwischen auch in Südkorea eine Infektion als bestätigt. Eine 35-jährige Chinesin habe unter Fieber, Atemproblemen und anderen Symptomen gelitten, teilten die Koreanischen Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention mit. Alle vier Patienten, die im Ausland erkrankten, waren zuvor in Wuhan. Von den bisher erfassten Patienten in der Elf-Millionen-Metropole sind 35 schwer erkrankt, davon sind neun in kritischem Zustand, wie die Gesundheitsbehörde berichtete.
Mit dem plötzlichen Anstieg auf 220 hatten sich die bisher bekannten Fälle über Nacht weit mehr als verdreifacht. Experten des Imperial College London gehen allerdings davon aus, dass die Krankheit schon wesentlich weiter verbreitet ist. Nach ihrer Hochrechnung könnte es bereits mehr als 1.700 Infizierte geben.
Chinas Gesundheitskommission erklärte in Peking, der Übertragungsweg sei "noch nicht völlig verstanden". Die anfänglichen Infektionen wurden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden.
Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst in China die Gefahr einer Übertragung infektiöser Krankheiten. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs. Asiatische Nachbarn und drei US-Flughäfen haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach bisher keine Reisewarnung für Touristen aus. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC riet Reisenden nach Wuhan lediglich, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder mit kranken Personen zu meiden. "Eine begrenzte Übertragung von Mensch zu Mensch könnte vorkommen."