Die Regierung in Athen erwartet im kommenden Jahr rund 100.000 über die Türkei kommende Migranten auf den griechischen Inseln. Das sagte der Regierungsbeauftragte für die Erstaufnahme von Flüchtlingen, Manos Logothetis, den Zeitungen der deutschen Funke-Mediengruppe. "Die Krise ist aktuell und sie ist gravierend."
Logothetis kündigte an, dass die griechische Regierung 2020 von den Inseln 10.000 Asylsuchende in Richtung Türkei abschieben wolle. Dafür wolle man zusätzliche 270 Asyl-Entscheider einstellen. Zudem würden neue Erstaufnahmelager auf jenen fünf Inseln gebaut, die die größte Last der Migrationsbewegung trügen.
Dramatische Zustände
Seit Monaten kommen unzählige Flüchtlinge über die Türkei auf die Inseln in der Ägäis. Die Lage in den völlig überfüllten Registrierlagern gerät zunehmend außer Kontrolle, die Zustände dort sind nach Berichten humanitärer Organisationen dramatisch. Nach jüngsten Angaben des zuständigen Ministeriums in Athen harren in den Lagern der Inseln mehr als 41.000 Menschen aus. Das ist die höchste Zahl seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Flüchtlingspakts im März 2016. Noch im April hielten sich auf den betroffenen Inseln nur 14.000 Migranten auf.
Lage in Italien
Ein Segelboot mit 55 Migranten an Bord traf unterdessen am Mittwoch in der Früh in Corigliano in der süditalienischen Region Kalabrien ein. An Bord befanden sich irakische und iranische Staatsbürger, darunter acht Minderjährige, wie die Polizei mitteilte. Das Boot wurde von der Küstenwache lokalisiert.
Bei den Schleppern handelt es sich nach italienischen Medienberichten um Russen oder Georgier. Sie brächten die Flüchtenden mit Jachten oder teuren Segelbooten, die oft unter US-Flagge fahren, von der Türkei nach Kalabrien und Apulien. Die Migranten gehen demnach großteils in Istanbul an Bord. Laut Ermittlern bringen die Schlepper auf einem Boot bis zu 70 Flüchtlinge nach Italien und kassieren dabei 10.000 Euro pro Passagier.
11.097 Migranten sind seit Anfang 2019 in Italien eingetroffen. Das sind 52 Prozent weniger gegenüber dem Vergleichszeitraum 2018, teilte das italienische Innenministerium mit. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 sank die Zahl der Migranten um 90 Prozent.
Britische Grenzschützer griffen unterdessen 69 Migranten bei dem Versuch auf, den Ärmelkanal in Richtung Großbritannien zu überqueren. Das teilte das britische Innenministerium mit. Die Menschen waren auf fünf Boote verteilt, die im Laufe der Nacht auf Mittwoch die gefährliche Fahrt über die Meerenge angetreten hatten.
Die Migranten, darunter zehn Kinder, gaben laut Ministerium an, iranische, irakische und usbekische Staatsangehörige zu sein. Alle seien medizinisch untersucht worden und würden nun von Mitarbeitern der Einwanderungsbehörde verhört. "Wer versucht, den Ärmelkanal in kleinen Booten zu überqueren, bringt sich in große Lebensgefahr", sagte ein Sprecher des Innenministeriums in London. Großbritannien arbeite eng mit den französischen Behörden zusammen, um gegen diese "gefährlichen und illegalen Aktivitäten" vorzugehen.