Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat den Mangel an Fortschritten bei der Weltklimakonferenz (COP25) in Madrid scharf kritisiert. Es sehe so aus, als würde die Konferenz gerade scheitern, schrieb die 16-Jährige am späten Samstagabend auf Twitter. "Die Wissenschaft ist eindeutig, aber die Wissenschaft wird ignoriert."
An dem Kampf, den sie zusammen mit ihren Mitstreitern gegen die Klimakrise führe, ändere das aber nichts: "Was auch immer passiert: Wir werden niemals aufgeben. Wir haben gerade erst angefangen", twitterte Thunberg, die selbst einige Tage lang bei dem Gipfel dabei war.
Die Verhandlungen in Madrid dauerten auch mehr als 24 Stunden nach dem geplanten Ende weiter an. Beobachter rechneten nicht mit einem schnellen Durchbruch.
Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz hat die Teilnehmerstaaten zu größerer Kompromissbereitschaft aufgerufen, um das Treffen doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Den knapp 200 Staaten werde am späten Nachmittag ein neuer, ehrgeizigerer Textentwurf vorgelegt, sagte Andres Landerretche, Koordinator der chilenischen Regierung für die Konferenz, am Samstag.
Der Entwurf werde aufnehmen, was von der überwiegenden Zahl der teilnehmenden Staaten gefordert werde. Landerretche rechnet nach eigenen Worten damit, dass der UN-Gipfel am Abend oder spätestens in der Nacht auf Sonntag zu Ende geht. "Wenn der neue Text als ehrgeizig genug akzeptiert wird, dann gehen wir ins Abschlussplenum und beenden diese Konferenz", sagte Landerretche. Die Möglichkeit einer Verschiebung des Gipfels ohne Abschluss wolle er derzeit nicht in Betracht ziehen. Es werde auf Hochtouren daran gearbeitet, ein erfolgreiches Ergebnis vorzulegen.
Vertreter von 196 Staaten kamen zur Weltklimakonferenz - von einem großen Wurf einer beim Klimaschutz auf einer Linie stehenden Staatengemeinschaft gibt es bis jetzt aber keine Spur. Bei einem informellen Austausch äußerten sich am Samstag diverse Delegierte sehr unzufrieden mit den Entwürfen der Beschlusstexte, die die chilenische Präsidentschaft am Morgen vorgelegt hatte.
Die EU sowie Vertreter von Entwicklungs- und Schwellenländern kritisierten, dass in den Texten nicht deutlich gemacht werde, dass die nationalen Klimaschutzziele zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens deutlich angehoben werden müssten. Der Feststellung der COP-Präsidentin und chilenischen Umweltministerin Carolina Schmidt, mit den neuen Beschlusstexten sei eine Lösung gelungen, "die für alle funktioniert", wurde von allen Delegierten, die sich zu Wort meldeten, widersprochen. "Für die EU ist es unmöglich, diese COP zu verlassen ohne eine Botschaft für starke Ambition", sagte eine Vertreterin der EU-Delegation im Plenum. Die Texte müssten daher überarbeitet werden.
Die Umweltministerin von Gastgeberland Spanien, Teresa Ribera, sagte, sie sei "besorgt, beunruhigt" wegen des mangelnden Klimaschutzehrgeizes in den Texten. Der Vertreter des Karibik-Staates Belize, Carlos Fuller, der für das Bündnis der kleinen Inselstaaten (Aosis) verhandelt, kritisierte, in den Texten seien alle Bezüge auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen abgeschwächt worden. Außerdem enthielten sie überhaupt keine Zusage von Ambitionssteigerung.
Auch Vertreter der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (LDC), der Lateinamerika-Karibik-Gruppe Ailac sowie China kritisierten die fehlende Ambition. Die Klima-Gesandte der Marshall-Inseln, Tina Stege, bekräftigte die Forderung nach einem Bekenntnis zu ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen mit den Worten: "Wir sind hier und wir werden kämpfen und die Welt schaut uns zu" und erntete dafür Applaus vom Plenum.
Das Thema Klimaschutz-Ambition steht in Madrid offiziell nicht auf der Agenda. Erst kommendes Jahr bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow müssen die Staaten des Pariser Abkommens ihre neuen Klimaschutzzusagen vorlegen. Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung wurde von den Vertragsstaaten aber weithin erwartet, dass sie in Madrid zumindest eine deutliche Anhebung der Klimaziele im kommenden Jahr fest zusagen.
Die USA, Brasilien und Saudi-Arabien, die die Klimaschutzbemühungen ausbremsen wollen, forderten ihrerseits Änderungen an den Beschlusstexten. Die US-Vertreterin etwa wandte sich gegen die Formulierungen zum Finanzbedarf der Entwicklungsländer für eine Anpassung an den Klimawandel, Saudi-Arabien stört sich auf Verweise auf Menschenrechte.