Vor dem Abschluss der Weltklimakonferenz liegen die Positionen der knapp 200 Staaten teils noch weit auseinander. Auch Klimaaktivisten und Entwicklungshelfer zeigen sich am Donnerstag frustriert von den UN-Verhandlungen in Madrid. Nach Einschätzung der Teilnehmer ist es eher nicht realistisch, dass Kompromisse wie geplant bis Freitagabend gefunden werden.
Verzögerungen sind aber bei Klimagipfeln eher die Norm als die Ausnahme. Für den planmäßig letzten Verhandlungstag kündigten junge Klima-Aktivisten von "Fridays for Future" und anderen Organisationen weitere Proteste an.
Tiefe Kluft
Es gebe eine Kluft zwischen Staaten, die beim Klimaschutz mehr Tempo verlangten, und solchen, die den Zeitplan des Pariser Klimaabkommens einhalten wollten, sagte Spaniens Umweltministerin Teresa Ribera, die in den Verhandlungen eine wichtige Rolle spielt. In dem Abkommen zur Begrenzung der Erderhitzung ist vorgesehen, dass alle Mitglieder 2020 ihre nationalen Klimaschutz-Ziele erhöhen.
Vor allem die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffenen Staaten fordern schon jetzt mehr Ehrgeiz. Einer Zählung des World Resources Institutes (WRI) zufolge haben bisher 80 Staaten fest angekündigt, mehr zu tun - sie seien zusammen aber nur für 10,5 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen verantwortlich.
Ribera sagte, die Delegationen seien auch bei anderen wichtigen Punkten der Agenda noch "tief gespalten." Umstritten waren alle zentralen Verhandlungspunkte: Die Regeln für einen internationalen Handel mit Klimaschutz-Zertifikaten, die Finanzierung von Schäden durch Extremwetter in ärmeren Länden und die Formulierung der Abschlusserklärung.
"Sehr wenig Ehrgeiz"
Die kleinen Inselstaaten zeigten sich sehr verärgert über den Verhandlungsstand der Klimakonferenz. Der Gipfel zeige "sehr wenig Ehrgeiz" sagte Carlos Fuller aus Belize, der für die Gruppe führend verhandelt.
Für die vom steigenden Meeresspiegel und schweren Stürmen bedrohten Inseln sei klar, dass dieser Gipfel ein Jahrzehnt der Ambition beim Klimaschutz einläuten müsse. "Wir sind entsetzt über den Stand der Verhandlungen", sagte er. "Wir werden gerade in die Ecke gedrängt." Die Gruppe fürchte, Kompromisse machen zu müssen, die das Klimaabkommen von Paris untergraben würden. Es gehe um das Schicksal der Inseln.
Ein Vertreter der Regierung der Karibikinsel Grenada sagte, die Verhandler verlören das große Ganze aus dem Blick, "als gäbe es keinen Klima-Notstand". Was getan werden müsse, sage die Wissenschaft klar. "Diese Tatenlosigkeit kostet das Leben unseres Volkes." Ein Regierungsvertreter Belizes sagte, Anpassung an den Klimawandel und die Minderung von Treibhausgasen seien sehr wichtig, aber sie würden den Schäden, die Stürme und andere Extremwetter schon anrichteten, nicht gerecht. Finanzierung von Schäden und Verlusten sei für die Inseln existenziell.
Aufgeschoben statt gelöst
Auch die Bewegung "Fridays for Future" kritisierte die bisherigen Fortschritte und rief deshalb für Freitag zu einem erneuten Klimastreik auf. Statt sich den Problemen zu stellen, hätten die Teilnehmer wichtige Entscheidungen weiter verschoben, schrieben Aktivisten. "'Fridays for Future' wird das nicht akzeptieren."
Die Hilfsorganisation Brot für die Welt warf den reichen Staaten vor, armen und vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern nicht gerecht zu werden. "Die Entwicklungsländer werden hier gerade komplett unter den Verhandlungstisch gedrängt", sagte Klimaexpertin Sabine Minninger von dem evangelischen Hilfswerk. Es brauche zusätzliches Geld für Klimaschäden, das werde aber nicht angeboten.
Ein Verhandlungserfolg gelang in Madrid allerdings schon: Nachdem es am Vortag Ärger um eine aufgelöste, nicht angemeldete Demo gegeben hatte, durften am Donnerstag die Mitglieder der Nichtregierungsorganisationen wieder aufs Gelände.