"Tiempo de Actuar" - "Zeit zu Handeln" lautet das Motto der COP25 in Madrid. Damit ist die Notwendigkeit für rasche Maßnahmen zum Klimaschutz gemeint, doch manche Teilnehmerstaaten scheinen das anders zu sehen. Der von manchen NGO-Vertretern verwendete Ausdruck "Carbon Trafficking", in Anlehnung an kriminelle Machenschaften, bringt das Problem mit den Verschmutzungsrechten auf den Punkt.
"Neues Geld für alte Zertifikate" könnte Brasiliens Antwort auf die Frage lauten, was mit den Zertifikaten passieren soll, die noch aus Kyoto-Zeiten stammen - und diese laufen kommendes Jahr aus. "Derzeit sind noch 19 Milliarden Tonnen an wertlosen Verschmutzungsrechten im Umlauf. Worauf sich die Verhandelnden in Madrid keinesfalls einlassen dürfen, ist diese alten Schrottzertifikate in das neue Zeitalter des Pariser Abkommens zu überführen und von Anfang an die Klimaschutzbemühungen mit heißer Luft zu füllen", sagte Adam Pawloff, Klimaexperte bei Greenpeace, dazu im Gespräch mit der APA.
Kein Deal ist besser als ein schlechter Deal
Er zitiere die ehemalige britische Premierministerin Theresa May zwar ungern, aber "No deal, is better than a bad deal" gelte auch hier. Bevor sich die Staatengemeinschaft auf einen "halb garen" Deal einlasse, der den Schmuggel von schmutzigem CO2 in den globalen Süden weiter zulässt, ist es besser für den Klimaschutz, wenn kein Deal bei Artikel 6 zustande komme. Das "Rulebook", das Regelwerk für Paris, fände dann erneut keinen Abschluss.
Informierte Kreise berichten ohnehin, dass die EU hier zu keinen Kompromissen bereit sei. Schlupflöcher bei den Klimaschutzverpflichtungen in Form von Doppelzählungen bei den Emissionsreduktionen würden den Vertrag von Paris gleich von Beginn an zu einem schwachen bis nutzlosen Instrument gegen die Klimakrise machen. Wenn Brasilien also weiterhin auf stur schaltet, könnte es ein in dieser Frage ergebnisloses Ende des Gipfels geben.
Die diesbezüglichen Verhandlungen würden kommendes Jahr in Bonn wieder von vorne los gehen. Dasselbe geschah ja bereits in Polen bei der COP24. Geregelt wird dieses Vorgehen durch die "rules of procedure", dort steht in Regel 16, dass nicht abgeschlossene Punkte automatisch auf die Agenda der nächsten ordentlichen Sitzung kommen, es sei denn die Vertragsparteien würden eine anderartige Entscheidung treffen. Selbiges geschah bereits im Fall der Frage über die Umsetzungszeiträume für die national festgelegten Beiträge zur den Klimazielen, der bei den UN-Klimagipfeln seit Paris bisher ungelöste Frage wurde bereits derart geschlossen und wartet frühestens im Juni 2020 in Bonn auf eine Klärung.
Schlupflöcher
Konkret geht es in dem Artikel 6 um die Emissionshandelssysteme und die Zukunft der "CDM-Projekte" (Clean Development Mechanism), bei denen Industrieländer in Schwellen-und Entwicklungsländern Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen finanzieren, um ihre eigene Klimabilanz zu verbessern. Dazu zählt etwa die Modernisierung von Kraftwerken, oder die Aufforstung von Wäldern. Ein Problem bei der Überführung in den Pariser-Vertrag besteht darin, dass die klimafreundlichen Maßnahmen in Entwicklungsländern vollzogen wurden, die selbst keine Reduktionsverpflichtungen hatten - mit Paris ist jedoch nun jeder Staat, der unterzeichnet hat, derartige Verpflichtungen eingegangen.
Auch bei der COP24 in Polen war es Brasilien, das aus finanziellen Motiven darauf pochte, die alten CDM-Projekte des Kyoto-Vertrags unter dem Paris-Abkommen vollständig weiter laufen zu lassen, obwohl dies Schlupflöcher bei den Klimaschutzverpflichtungen in Form von Doppelzählungen bei den Emissionsreduktionen bedeuten würde.