Bei einem bewaffneten Angriff auf ein zentrales Protestlagerregierungskritischer Demonstranten in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Dutzende weitere Menschen wurden bei dem Überfall am Freitag nach Angaben aus Sicherheitskreisen verletzt. Wer die Angreifer waren, war zunächst unklar.
Laut Augenzeugenberichten griffen bewaffnete Männer auf Pick-ups nach Einbruch der Dunkelheit ein Gebäude in der Nähe der Al-Sinek-Brücke an, in dem regierungskritische Demonstranten seit Wochen ausharren.
Am Donnerstag waren tausende Anhänger der schiitischen Hashd-al-Shaabi-Milizen auf den Tahrir-Platz in Bagdad geströmt, wo die Gegner der Regierung ein Protestcamp errichtet haben. Viele der Demonstranten reagierten beunruhigt auf den Aufmarsch der Männer, doch blieb es zunächst ruhig. Die Hashd-al-Shaabi-Milizen sind eng mit den iranischen Revolutionsgarden verbunden, die eine zentrale Rolle bei ihrer Finanzierung und Ausbildung gespielt haben.
Am Freitag zwangen den Augenzeugenberichten zufolge bewaffnete Männer mehrere Demonstranten, das Gebäude in der Nähe der Al-Sinek-Brücke zu verlassen. Später waren demnach Schüsse zu hören. Das Staatsfernsehen berichtete, die Proteststätte sei von "unbekannten Männern" in Brand gesteckt worden.
Nach Angaben von Ärzten wurden bei dem Überfall dutzende weitere Menschen verletzt. Die Zahl der Todesopfer könnte demnach weiter steigen. Eine Ärztin in einem nahegelegenen provisorischen Krankenhaus sagte, sie habe mindestens fünf Patienten mit Stichwunden behandelt.
Seit Beginn der regierungskritischen Demonstrationen im Irak Anfang Oktober sind knapp 440 Menschen getötet und fast 20.000 weitere verletzt worden. Wegen der blutigen Niederschlagung der Proteste verhängten die USA am Freitag Sanktionen gegen die drei Anführer der Hashd-al-Shaabi-Milizen.
Im Zuge der wochenlangen Proteste war der irakische Regierungschef Adel Abdel Mahdi zurückgetreten. Seitdem laufen in Bagdad Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung. Daran ist auch der iranische General Qassem Soleimani beteiligt.